- Q-Fieber
Der Ceva Blog für Rindergesundheit
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Landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland, die Nutztierhaltung – insbesondere Rinderhaltung – betreiben, sind im Großen und Ganzen aktuell zum Glück nur von wenigen Tierseuchen betroffen. Doch eine Infektion tritt immer wieder auf und tatsächlich haben epidemiologische Untersuchungen gezeigt, dass jeder 2. Betrieb in Deutschland betroffen ist 1 : Die Rede ist vom „Q-Fieber“, ausgelöst durch das Bakterium Coxiella burnetii. Die sowohl nach dem Tiergesundheitsgesetz als auch nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtige Krankheit verbreitet sich unter Rindern, Schafen, Ziegen und Vögeln und ist leider auch auf den Menschen übertragbar 1,2 – mit zum Teil gefährlichen Krankheitsverläufen!
Und selbstverständlich hat der Ausbruch von Q-Fieber in einem Nutztierbetrieb auch wirtschaftliche Auswirkungen: längere Güstzeit, Gebärmutterentzündungen, Nachgeburtsverhaltung, Abort und Remontierung verursachen Kosten, die sich auf das Betriebsergebnis negativ auswirken. Bei der Milchkuhhaltung wurde auch eine Abnahme der Milchleistung festgestellt. 3 Umso wichtiger ist es, die Symptome von Q-Fieber rechtzeitig zu erkennen, um schnell die richtigen Maßnahmen treffen zu können.
Lesen Sie hier in unserem Blog mehr über die Hintergründe zum Q-Fieber und wie Sie es in Ihrem landwirtschaftlichen Betrieb in den Griff bekommen können!
Kurz gesagt: Q-Fieber ist eine bakterielle Erkrankung, ausgelöst durch das Bakterium Coxiella burnetii. Die Infektion tritt in der heutigen landwirtschaftlichen Nahrungsproduktion vor allem bei Nutztieren wie Rindern, Schafen, Ziegen und Vögeln auf – ist aber auch auf den Menschen übertragbar. Dabei ist das Q-Fieber keine wirklich neue Erkrankung: Ausgehend von Australien hat Q-Fieber eine Reise um die ganze Welt angetreten: In den 1930er Jahren wurden die ersten Fälle von Q-Fieber bei Arbeitern festgestellt, die in australischen Schlachthöfen beschäftigt waren. Die Ursache der Erkrankung war zunächst völlig unbekannt, was auch zur Namensgebung „Q-Fieber“ führte, wobei das „Q“ vom englischen Wort „query“ für „zweifelhaft“ abgeleitet ist.
Bevor wir ins Detail gehen, hier ein kurzer Steckbrief zum Q-Fieber-Erreger mit einigen der wichtigsten Fakten:
Man könnte meinen, ein seit gut 80 Jahren bekanntes Bakterium sollte man ganz gut im Griff haben. Doch Coxiella burnetii hat es in sich: Die Bakterien sind sehr widerstandsfähig zum Beispiel gegen Licht oder Austrocknung und auch gegen viele Desinfektionsmittel. Hinzu kommt ihre hohe Anpassungsfähigkeit, so dass sie sich über die verschiedensten Wirtstiere wie Rinder, Schafe, Ziegen, Vögel und auch Wildtiere verbreiten können.
Außerdem ist Coxiella burnetii sehr virulent, also äußerst ansteckend – schon 1 bis 10 Erreger können ausreichen, eine Infektion auszulösen. Dabei wird der Erreger dann von infizierten Tieren in großen Mengen ausgestoßen – über den Urin, über Milch und insbesondere bei Aborten und Kalbungen. Vor allem in Nachgeburten aus infizierten Tieren ist es massenhaft vorhanden: 1 g der Plazenta kann 109 – also eine Milliarde! – Coxiellen enthalten!
Der Nachweis des Bakteriums ist nicht immer ganz einfach: Da es in Körperzellen eindringt und sich dort vermehrt, werden das Anlegen von Kulturen und die Diagnose erschwert. Dagegen ist der Nachweis von Antikörpern z. B. über Tankmilch sehr einfach und kostengünstig.
Mehr zum Nachweis von Antikörpern in der Tankmilch lesen Sie hier.
Um Q-Fieber und den Erreger wirksam bekämpfen zu können, sollte man sich natürlich zunächst ein Bild von der Situation machen und prüfen, ob Anzeichen auf Q-Fieber-Infektionen zu erkennen sind. Wann sollten Sie also in Ihrem Betrieb auch an eine mögliche Infektion mit Q-Fieber denken?
Folgende Symptome können auf Q-Fieber hinweisen:
Es ist selten, dass all diese Symptome in einem Betrieb zur gleichen Zeit auftreten. Zudem sind die Symptome unspezifisch – sie sind also nicht zwingend auf eine Q-Fieber-Infektion zurückzuführen, sondern können auch andere Ursachen haben. Umso wichtiger ist es, über die Diagnosemethoden herauszufinden, ob tatsächlich Q-Fieber verbreitet ist.
Mehr dazu lesen Sie auch in unserem speziellen Artikel zu den Q-Fieber-Symptomen.
Werden die Q-Fieber-Erreger nicht wirksam bekämpft, kann es zu einer chronischen Herdeninfektion kommen. Die Tiere werden zu Dauerausscheidern, so dass die Infektion dauerhaft im Bestand bleibt. Die Bekämpfung ist oft problematisch, da die Dauerausscheider oft unentdeckt bleiben.5 Die Folgen insgesamt liegen auf der Hand: Das Abwehrsystem der Tiere ist geschwächt und es kann zu Problemen mit weiteren Erkrankungen kommen, zum Beispiel Lungenentzündungen bei Kühen, Dermatitis digitalis (Mortellaro, Entzündung der Zehenhaut) oder erhöhte Zellzahlen. Die weiteren Auswirkungen des Q-Fiebers zum Beispiel auf die Güstzeit bleiben dann ebenfalls bestehen – mit Konsequenzen auch für den wirtschaftlichen Erfolg des Betriebs.
Zeigen die Tiere in Ihrem landwirtschaftlichen Betrieb die genannten Symptome und die Ursachen sind zweifelhaft, sollten Sie auf jeden Fall eine Q-Fieber-Infektion bedenken und den Tierarzt hinzuziehen.
In der Diagnostik stehen dem Tierarzt im Wesentlichen zwei Möglichkeiten zur Verfügung:
Wegen der vielfältigen Symptome gibt es hier keine Standardvorgehensweise, sondern Ihr Hoftierarzt wird für Ihren Betrieb individuell die passende Methode anwenden.
Mehr zur PCR-Methode erfahren Sie hier.
Die Q-Fieber-Infektion fällt grundsätzlich unter die nach dem Tiergesundheitsgesetz und – wenn Menschen betroffen sind – nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtigen Erkrankungen.
Zunächst nicht meldepflichtig ist dabei der positive Antikörpernachweis nach der ELISA-Methode. Meldepflichtig ist dagegen der direkte Erregernachweis nach der PCR-Methode im Einzeltier.
Gemeldet wird in einer deutschlandweiten Datenbank und das Veterinäramt wird entsprechende Hygienemaßnahmen anweisen, zum Beispiel das Entfernen von Nachgeburten. In Österreich besteht derzeit keine Melde- oder Anzeigepflicht.
Lesen Sie hierzu unseren Beitrag zum Thema der Meldepflicht von Q-Fieber.
Die entscheidende Frage lautet: Was können Sie in Ihrem landwirtschaftlichen Betrieb gegen das hartnäckige Bakterium Coxiella burnetii und Q-Fieber-Erkrankungen unternehmen?
Grundsätzlich wäre eine Therapie der Tiere durch Antibiotika zwar möglich, doch in der Nutztierhaltung würde die starke Verbreitung des Bakteriums in der Umgebung der Herde immer wieder zu neuen Infektionen führen. Auch das Risiko der Übertragung auf den Menschen ist so nicht zu verringern. Bei von Q-Fieber betroffenen Menschen wird selbstverständlich eine Therapie mit Hilfe von Antibiotika durchgeführt.
Um die Infektionen in den Griff zu bekommen, haben sich allerdings Impfungen des Tierbestands als erfolgreich erwiesen. Durch den Impfstoff wird der Kreislauf von Infektion, Ausscheidung und Neuinfektion effektiv unterbrochen. Die spezifischen Folgen wie Aborte werden in ihrer Häufigkeit immer weiter verringert und auch andere Krankheitssymptome lassen nach, da sich auf Dauer die Widerstandsfähigkeit der Tiere erhöht und sich die Herdengesundheit verbessert.
Zu beachten ist, dass die Impfung vollumfänglich und korrekt durchgeführt wird. In der Regel ist dies die Grundimmunisierung mit zwei Dosierungen im Abstand von 3 Wochen und eine Wiederholungsimpfung nach etwa 9 bis 12 Monaten. Ein gesamter Impfzeitraum über mindestens 3 Jahre ist ebenfalls sinnvoll, insbesondere um auch den Nachwuchs zu schützen. Wenn Coxiellen nachgewiesen wurden, kann daher eine Bestandsimpfung sinnvoll sein.6
Die Impfung wird im Übrigen durch einige Tierseuchenkassen gefördert (z. B. Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Saarland und Baden-Württemberg). Erkundigen Sie sich dort im Einzelfall bei der in Ihrer Region ansässigen Kasse.
85 % der Landwirte, deren Betriebe von Q-Fieber betroffen waren, konnten durch die Impfung eine deutliche Verbesserung der Symptome im Tierbestand feststellen, wie eine Befragung der Niedersächsischen Tierseuchenkasse 2017 ergab.7
Durch die Impfung der Herde wird somit der Infektionsdruck in der Herde verringert und es können im Wesentlichen die folgenden weiteren positiven Effekte erzielt werden:
Mehr Informationen lesen Sie in unserem speziellen Beitrag über die Q-Fieber-Impfung.
Sind die Nutztiere an Q-Fieber erkrankt, geht dies nicht nur zu individuellen gesundheitlichen Lasten der einzelnen Tiere, sondern die Infektion wirkt sich auch auf die Leistung der Tiere aus. Fruchtbarkeit und zum Beispiel Milchleistung sind nachweislich niedriger.
Abort, Nachgeburtsverhaltungen und Gebährmutterentzündungen, aber auch eine längere Güstzeit und niedrigere Erstbesamungsraten schlagen sich in Cent und Euro im Betriebsergebnis nieder.
Diese Kosten können sich schnell summieren, so dass eine Impfung auch betriebswirtschaftlich sinnvoll ist. Dazu ein Beispiel:
Dies bedeutet auf einen Betrieb mit 100 Kühen und dem Ansatz von 4 Euro Kosten pro Tag/Güstzeit sowie ca. 400 Euro pro Abort für jedes Jahr ohne Impfung:
Güstzeit: 19 Tage x 4 Euro x 100 Kühe = 7.600 Euro
Abort: 3 x 400 Euro = 1.200 Euro
Dem Entgegenzustellen sind natürlich die Kosten für den Impfstoff. Hierzu kontaktieren Sie am besten Ihren Hoftierarzt.
Allein aus diesen Zahlen ergibt sich ein positives Ergebnis. Hinzu kommen weitere Ersparnisse über andere, nicht eintretende Q-Fieber-Folgen sowie bei Kühen zum Beispiel die Verbesserung der Milchleistung, die sich direkt im Ertrag widerspiegelt. Eine Bestandsimpfung ist für die betroffenen Betriebe also auch wirtschaftlich relevant!7,8
Q-Fieber und der Erreger Coxiella burnetii sind jedoch nicht nur für die Nutztiere im landwirtschaftlichen Betrieb ein Risiko. Ein nicht zu unterschätzendes Problem ist das Zoonose-Potenzial. Das bedeutet, dass Q-Fieber auch auf den Menschen übertragbar ist.
Wie schon eingangs erwähnt: Die ersten Fälle, die in Australien festgestellt wurden, sind bei den Schlachthofmitarbeitern dokumentiert worden, obwohl damals die Ursache noch unbekannt war. Und auch heute ist diese Gefahr der Übertragung auf den Menschen unverändert: Besonders bei akuten Infektionen in einem Betrieb sind die dort arbeitenden Menschen besonders gefährdet – so zum Beispiel der Landwirt und seine Familienangehörigen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Betrieb, Tierärzte, Besamungstechniker oder Klauenpfleger. Als Anzeichen für die Erkrankung treten oft grippeähnliche Symptome, aber auch z. B. Leberentzündungen auf. Im chronischen Verlauf kann es zu Herzinnenhautentzündungen kommen. Schwangere Frauen sind besonders gefährdet, da es zu Aborten und Frühgeburten kommen kann.4
Hier interviewen wir einen Betroffenen zu seiner Q-Fieber Erkrankung.
Im Zeitraum von 2001 bis 2014 traten in Deutschland fast 3.500 Fälle von Q-Fieber bei Menschen auf. Untersuchungen haben ergeben, dass etwa die Hälfte der Fälle auf Kontakt mit Schafen zurückzuführen war. Wie hoch jedoch die Dunkelziffer ist, ist fraglich, da die Symptome beim Menschen, wenn die Erkrankung nur leicht ausfällt, nicht unbedingt auf Q-Fieber rückschließen lassen.
In einem weiteren Beitrag lesen Sie mehr über den Krankheitsverlauf von Q-Fieber beim Menschen.
Q-Fieber ist auf der ganzen Welt verbreitet und der Erreger ist äußerst Widerstandsfähig – ein schnelles Ende der Q-Fieber-Problematik ist daher nicht in Sicht.
Dabei gehen die gesundheitlichen Risiken der Infektion für Tiere und Menschen einher mit den negativen wirtschaftlichen Folgen für den landwirtschaftlichen Betrieb mit geringerer Leistung und zusätzlichen Kosten. Umso wichtiger ist es, wachsam zu bleiben, den Tierbestand regelmäßig zu kontrollieren und vorbeugend zu handeln, zum Beispiel durch die geeignete Impfung. Die Schäden, die durch Q-Fieber entstehen können, sind einfach zu groß, um untätig zu bleiben! Unser Tipp: Tun Sie alles, um die Herdengesundheit zu verbessern!
Quellen:
1 Hilbert, A. (2015): Coxiella burnetii - Epidemiologische Untersuchungen zum Vorkommen und zur Verbreitung in Schaf- und Rinderbeständen in Deutschland. Berlin, Freie Universität, veterinarmed. Fak., Diss.
3 Agerholm, J.S. (2013): Coxiella burnetii associated reproductive disorders in domestic animals - a critical review. Acta Vet Scand 55:13.
4 Arricau-Bouvery, N., Rodolakis, A. (2005): Is Q fever an emerging or reemerging zoonosis? Vet Res 36, 327-349.
5 Böttcher, J., Frangoulidis, D., Schumacher, M., Janowetz, B., Gangl, A., Alex, M. (2013): The impact of Q fever-phase-specific milk serology for the diagnosis of puerperal and chronic milk shedding of C. burnetii in dairy cows. Berl Münch Tierärztl Wochenschr 126:427-435.
6 Böttcher, J., Dautzenberg, F., Deckinger, E., Alex, M., Sigl, G., Janowetz, B. (2018): Q-Fieber: Ein langfristiges Impfkonzept erfordert einen vernünftigen Kompromiss. Tierärztliche Umschau 73
7 Lehner, S., Lohan, K., Dieckhoff, H-J., Gerdes, U. (2017): Erfahrungen von Tierhaltern in niedersächsischen Milchkuhbetrieben mit der Impfung gegen Q-Fieber. Tierärztliche Praxis Ausgabe G 45:141-149.
8 Lopez Helguera, I., Tutusaus, J., Souza, A.H., Jimenez, A., Munoz-Bielsa J., Garcia Ispierto, I. (2014): Vaccinating against Q-fever with an inactivated phase-I vaccine (COXEVAC®) improves reproductive performance in Coxiella burnetti-infected dairy herds. Proceedings of the XXVIII World Buiatrics Congress, Cairns, Australia 2014:274-275.