Fleckvieh Kalb am Tränkeeimer

Hastiges Saufen: Pansentrinken kann bei Kälbern Durchfall auslösen

Gast Autor Ceva Rind

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10.01.2023

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4 Min. Lesezeit

Durchfall bei Kälbern ist unverändert eine der schwersten Erkrankungen in vielen Milchviehbetrieben. Und noch immer ist Durchfall im ersten Lebensmonat der Kälber mit einem Anteil von 28 % die häufigste Todesursache bei den Tieren. Doch nicht in jedem Fall sind Viren oder Bakterien die Auslöser für Kälberdurchfall. Haltungsbedingungen, Stress, Sauberkeit und Kolostrumgabe spielen bei dieser bekannten Faktorenkrankheit ebenfalls immer wieder eine entscheidende Rolle. Eine weitere Ursache für Kälberdurchfall kann hastiges Saufen sein, das sogenannte „Pansentrinken“. Hier liegt der Fehler beim Tränken der Tiere, die dann trinkschwach und anfällig für Durchfall und andere Krankheiten sind und oft zu Kümmerern werden.

  • Zu schnelles Saufen der Kälber führt zu Pansentrinken und Durchfall
  • Milch darf beim Kalb nicht in den Pansen gelangen sondern kann nur im Labmagen verdaut werden
  • Bei Pansentrinkern im Bestand die Tränke kontrollieren und Tränkefehler abstellen!

Wie wird die Milch bei jungen Kälbern aufgenommen und verdaut?

Neugeborene Kälber haben wie die erwachsenen Kühe bereits die Vormägen mit Pansen, Netzmagen und Blättermagen sowie den Hintermagen oder Labmagen. Die Vormägen treten jedoch erst in Aktion, wenn die Kälber beginnen, feste pflanzliche Nahrung aufzunehmen und wiederzukäuen. Bei den jungen Kälbern in der Säugephase kommt es aber darauf an, dass die Milch vorbei am Pansen direkt in den Labmagen gelangt, da sie nur dort richtig verdaut werden kann.

Normalerweise wird deshalb beim kräftigen Saugen an der Zitze beim Kalb der sogenannte Schlundrinnenreflex oder Haubenrinnenreflex ausgelöst. Dabei bildet die Schleimhaut im Bereich vor dem Pansen eine Rinne, in der die eingesaugte Milch am Panseneingang vorbei direkt in den Labmagen geleitet wird. Der Reflex wird jedoch nur ausgelöst, wenn das Kalb gut saugt, die Milchtemperatur stimmt und nicht zu viel Milch auf einmal geschluckt wird.


Kalb trinkt am Euter

Wie führt hastiges Saufen zum „Pansentrinken“ bei jungen Kälbern?

Bei Kälbern, die zu schnell viel und hastig Saufen, kann es zum „Pansentrinken“ kommen. In diesem Fall wird der Schlundrinnenreflex entweder gar nicht ausgelöst oder es kommt zu einem Überlaufen der Schlundrinne durch zu viel Milch. Das Problem: Die aufgenommene Milch wird dann nicht vorbei am Panseneingang in den Labmagen geleitet, sondern fließt direkt in den Pansen hinein.

Der Pansen ist bei den Saugkälbern aber noch nicht voll ausgebildet und hat noch keine stabile Flora. Die in den Pansen gelangte Milch wird also nicht verdaut, sondern beginnt zu vergären. In der Folge entstehen Gase und unter anderem auch Milchsäure, so dass der pH-Wert im Pansen stark sinkt. In dem jetzt sehr sauren und ätzenden Milieu im Pansen kommt es zu Reizungen der Pansenschleimhaut bis hin zur Ablösung der Schleimhaut.

Generell trink- und lebensschwache Kälber sind besonders gefährdet, da sie meistens nur schwach saugen und bei ihnen der Saugreflex dann nicht ausreichend ausgelöst wird.

Was sind die Folgen von schnellem Saufen und wie erkennt man „Pansentrinker“?

Die Reizung der Pansenschleimhaut durch die beim Pansentrinken entstehende Milchsäure verursacht bei den Kälbern auf Dauer Schmerzen. Dies ist auch im Verhalten der Kälber erkennbar. Die wichtigsten Anzeichen für Pansentrinken sind daher:
  • Appetitlosigkeit und lustloses Trinkverhalten und Kauen auf dem Tränkenuckel
  • Zähneknirschen, Scheinwiederkäuen, Benagen von Gegenständen
  • Aufgekrümmtes Stehen
  • Linksseitig aufgeblähter Bauchbereich
  • Körperliche Schwäche, Schwierigkeiten beim Aufstehen
  • Grauer, lehmartiger Kot und Durchfall

Der allgemein schwache Zustand macht Pansentrinker zusätzlich anfällig für weitere Krankheiten. Die Tiere bedürfen auf jeden Fall tierärztlicher Behandlung. Mit einer Pansen-Spülung ist es möglich, den sauren Inhalt zu entfernen, so dass sich der Pansen regenerieren kann.

Landwirt hilft Kalb  am Tränkeeimer

Hastiges Saufen und Pansentrinken verhindern!

Zu schnelles, hastiges Saufen und damit verbundenes Pansentrinken ist auf Tränkefehler zurückzuführen. Die Tränke der jungen Kälber ist daher immer wieder zu kontrollieren, gerade wenn im Betrieb häufiger kränkliche und trinkunlustige Tiere zu beobachten sind. Generell ist es schon wichtig, dass die jungen Kälber ordentlich Milch trinken, damit sie sich gut entwickeln. Doch dabei sollten einige Punkte beachtet werden:
  • Nicht zu viel Milch auf einmal vertränken, besonders bei sehr jungen und kleinen Tieren.
  • Besser ist es, diesen Tieren mehrmals kleinere Mengen zu geben, etwa maximal 1,5 Liter, damit die Milch aus dem Labmagen auch nicht in den Pansen überlauft.
  • Temperatur der Milch beachten, nur erwärmte Milch verabreichen, ca. 38 bis 40 °C.
  • Die Öffnung des Saugers am Nuckeleimer darf nicht zu groß sein. Eine kleinere Öffnung regt das Tier mehr zum Saugen an und gibt nicht zu viel Milch auf einmal ab. Übrigens tritt gegenseitiges Besaugen der Kälber deutlich seltener auf, wenn ihr Saugreflex befriedigt ist. Auch hierfür sind kleinere Öffnungen empfehlenswerter, da sie sich mehr anstrengen müssen. Ein gutes Zeichen hierfür ist eine hohe Speichelproduktion während des Trinkens.
  • Sauger für Nuckeleimer regelmäßig kontrollieren und bei Beschädigung sofort austauschen.
  • Kälber sollten beim Saufen mit leicht angehobenem Kopf stehen müssen, wie Sie auch am Euter der Mutter Saugen würden. Trinken mit dem Kopf nach unten ist eine unnatürliche Haltung und begünstigt den Zufluss in den Pansen. In der Praxis wird oft eine ideale Trinkhöhe von 60 cm angegeben – wir empfehlen eine individuelle Anpassung je nach Größe des Tieres. Dies lässt sich beispielsweise mit höhenverstellbaren Metallstäben leicht lösen.
Achten Sie in Ihrem Betrieb darauf, dass die jungen Kälber gut versorgt werden aber nicht hastig saufen, um Durchfall und Erkrankungen durch Pansentrinken zu vermeiden. Stellen Sie Pansentrinkern nach erfolgreicher Behandlung dann auch möglichst schnell Aufzuchtfutter und Heu zur Verfügung, damit sich der Pansen wieder erholen und gut entwickeln kann.

Mehr zum Thema Kälberdurchfall erfahren Sie hier.

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