Arbeiter beim Reinigen des Bodens und des Kuhstalls

Biosicherheit und Q-Fieber - So senken Sie das Q-Fieber-Risiko im Rinderstall

Dr. Julia Blumenberg

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1.07.2025

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6 Min. Lesezeit

Biosicherheit – ein Begriff, der längst in der Schweine- und Geflügelhaltung zum täglichen Handwerkszeug gehört. Doch was ist mit unseren Milchvieh- und Schafbetrieben? Während dort noch mancher glaubt, mit ein wenig Hygiene sei es getan, können sich unterschätzte Gefahren wie Q-Fieber in die Herden einschleichen.

Die unscheinbare, oft symptomlose Krankheit betrifft vor allem Rinder und Schafe – und bleibt dabei lange unentdeckt. Hat sich der Erreger Coxiella burnetii erst einmal im Stall festgesetzt, wird die Bekämpfung zur Herkulesaufgabe. Das Bakterium kann über stürmische Winde bis zu 18 km weit getragen werden, überlebt sehr lange in der Umgebung (Staub) und kann selbst von scheinbar gesunden Tieren, sogenannten Dauerausscheidern, unbemerkt ausgeschieden werden. Die Folge: ein kaum greifbares, aber hochinfektiöses Risiko – für Tier, Mensch und Wirtschaftlichkeit.

Dabei ist die Lösung längst bekannt: konsequente Biosicherheit. Nicht als Modewort, sondern als Grundprinzip moderner Tierhaltung. Auch gesetzlich sind Tierhalter dazu angehalten, Vorsorgemaßnahmen zur Eindämmung von Tierseuchen durchzuführen. Denn Biosicherheitsmaßnahmen erfüllen gleich mehrere essenzielle Funktionen. Neben dem Schutz des Bestandes geht es auch um den Schutz des Menschen, da Q-Fieber zoonotisches Potential besitzt, was bedeutet, dass der Erreger vom Tier auf den Menschen übertragen werden kann.

Lesen Sie dazu Vom harmlosen Hautausschlag bis hin zur Fehlgeburt – Vorsicht vor Zoonosen!

Darüber hinaus dienen Biosicherheitsmaßnahmen auch dazu, die Wirtschaftlichkeit der Produktion zu sichern, denn Ausfälle durch Fehlgeburten, Fruchtbarkeitsstörungen oder Milchleistungsabfall reißen tiefe Löcher in die Kalkulation. Noch schwerer wiegen mögliche behördliche Maßnahmen und Quarantänen, wenn der Erreger offiziell nachgewiesen wird.

Doch Prävention und damit Biosicherheit beginnt lange vor dem ersten Krankheitsfall. Eine zentrale Rolle spielt dabei das systematische Erfassen und Auswerten produktionsbiologischer Daten. Nur wer seine Kennzahlen kennt, erkennt Abweichungen frühzeitig. Abgangsraten, Aborte, Totgeburten, lebensschwache Kälber oder auffällige Fruchtbarkeitskennzahlen – all das sind mögliche Hinweise auf ein sich anbahnendes Problem im Bestand. Ohne regelmäßige Dokumentation und Analyse bleibt vieles unentdeckt. „Daten, Daten, Daten“ lautet deshalb die Devise. Wer den Überblick über seine Tiergesundheitsdaten behält, kann schneller reagieren, gezielter behandeln und Infektionsgeschehen frühzeitig eindämmen.

In puncto Biosicherheit wird zwischen zwei Ebenen unterschieden, die im Zusammenspiel den Betrieb gegen Krankheitserreger schützen: die äußere und die innere Biosicherheit.

Die äußere Biosicherheit zielt darauf ab, den Eintrag von Erregern von außen in den Tierbestand zu verhindern. Hierbei stehen vor allem externe Risikofaktoren im Fokus: Betriebsfremde Personen wie v.a. Tierärzte und Besamungstechniker, Berater oder Lieferanten stellen potenzielle Infektionsquellen dar – ebenso wie Schadnager, Wildtiere oder kontaminierte Fahrzeuge. Ohne wirksame Barrieren können Erreger wie Coxiella burnetii in den Stall gelangen. Zugangskontrollen, Hygieneschleusen, klare Besucherregelungen und regelmäßige Schadnagerbekämpfung (Entwesung) bilden deshalb das Rückgrat der äußeren Schutzmaßnahmen.

Doch auch innerhalb des Betriebs darf die Gefahr nicht unterschätzt werden. Die sogenannte innere Biosicherheit soll verhindern, dass sich Erreger, einmal eingedrungen, ungehindert zwischen verschiedenen Stallbereichen, Altersgruppen oder Tiergruppen ausbreiten. Ungereinigte – oder auch von Tierärzten mitgebrachte – Arbeitsgeräte (z.B. Zughilfen, Stricke, Bolusgeber) und mangelhafte Stallhygiene können hier zur tickenden Zeitbombe werden.

Beide Ebenen müssen ineinandergreifen wie Zahnräder in einem gut geölten System. Wer Biosicherheit ernst nimmt, denkt ganzheitlich – vom Hoftor bis zur letzten Liegebox.

So schützen Sie Ihren Betrieb vor Risiken: Präventionsstrategien gegen Coxiella burnetii

  1. Zukauf von Tieren überwachen
  • Anwendung von Tests zugekaufter Tiere auf den Erreger Coxiella burnetii. Diese bieten eine schnelle Möglichkeit, Tiere vor der Integration in den Bestand zu überprüfen
  • Quarantänebereich einrichten: möglichst zugekaufte Tiere separat (in einer Kleingruppe) aufstallen
  1. Regulierung des Personen- und Fahrzeugverkehrs im Betrieb
  • Zutrittskontrollen: Stellen Sie sicher, dass nur autorisierte Personen Zugang zum Betrieb haben
  • Schleusen für Betriebsfremde einrichten
  • Fahrzeugverkehr: Auf geregelte Wege für Fahrzeuge achten und sicherstellen, dass diese nicht durch kontaminierte Bereiche fahren
  • Nutzen Sie adäquate Stiefelüberzieher für Betriebsfremde
  1. Zutrittsdesinfektion
  • Zwischen Ställen/Bereichen: Stiefeldesinfektionswannen an den Übergängen zwischen verschiedenen Bereichen des Betriebs installieren (am Eingang des Kälberstalls oder Boxenlaufstalls), um eine Kreuzkontamination zu verhindern. Vor allem wenn von einen sauberen in einen kontaminierten Bereich gewechselt wird
  • Regelmäßige Erneuerung des Wanneninhalts und Anpassung der Konzentration an die jeweilige Außentemperatur – bei Kälte kann die Wirksamkeit der Desinfektion reduziert sein (Kältefehler!)
  1. Prophylaktische Maßnahmen
  • Führen Sie Antikörper-Nachweise in der Herde (Beprobung der Tankmilch) durch
  • Impfung: Nutzen Sie die Möglichkeit der Impfung gegen Coxiella burnetii. Eine finanzielle Unterstützung bei der Impfung gibt es in einigen Bundesländern durch die Tierseuchenkasse

Was bedeutet Antikörper-Nachweise? Lesen Sie hier Antikörpertests im Stall – was bringt das meinen Kühen?

Q-Fieber im Bestand: richtiges Handeln bei einem Ausbruch

Ein Ausbruch von Q-Fieber ist meldepflichtig, sobald er über einen PCR-Test nachgewiesen wurde. Sobald der Erreger im Bestand festgestellt wird, muss dies umgehend dem zuständigen Veterinäramt gemeldet werden. Gemeinsam mit den Veterinärbehörden wird ein spezifischer Maßnahmenplan erarbeitet, um den Ausbruch zu kontrollieren und eine weitere Ausbreitung zu verhindern.

Möchten Sie mehr darüber erfahren, was Melde- bzw. anzeigepflichtig bedeutet? Lesen Sie unseren Artikel: Q-Fieber nach Tiergesundheits- und Infektionsschutzgesetz meldepflichtig!

  1. Zutrittskontrollen und Hygienevorkehrungen
  • Kein Zutritt für betriebsfremde Personen zum Tierbestand
  • Keine Abgabe von Rohmilch oder Rohmilchprodukten an Verbraucher und ein Verzicht auf den Verzehr dieser Produkte im Betrieb sind ebenfalls erforderlich
  • Bei Verzehr sollte die Rohmilch stets pasteurisiert werden, um den Erreger zu inaktivieren
  1. Besondere Vorsicht während der Kalbung
  • Während der Kalbung ist die Ausscheidungsrate von Coxiella burnetii besonders hoch. Die Bakterien vermehren sich bevorzugt in den Fruchthäuten, weshalb der Geburtszeitraum als Hochrisikozeitpunkt für den Ausbruch von Q-Fieber gilt
  • Kalbende Kühe sollten während der Kalbung separiert oder zumindest von anderen Kühen getrennt werden
  • Da bei Geburten bakterienhaltige Stäube und Aerosole entstehen, ist es entscheidend, eine Atemschutzmaske zu tragen (Personenschutz!)
  1. Umgang mit Nachgeburten
  • Nachgeburten sollten in geschlossenen Behältnissen aufbewahrt und über die Tierkörperbeseitigungsanlage entsorgt werden. Dies verhindert die weitere Verbreitung des Erregers
  1. Weitere Übertragungswege: Ausscheidungen
  • Vermeiden Sie Kotspritzer auf dem Futtertisch durch den Anbau von Spritzschutz am Fressgitter (sofern baulich möglich)
  • Das regelmäßiges Abschieben der Laufgänge sollte in kürzeren Intervallen erfolgen, um die Verbreitung des Erregers zu verhindern 
  • Festmist und Gülleausbringung: dieser sollte mindestens neun Monate lang (wenn möglich unter Folie) gelagert werden. Nach Ablauf dieser Zeit kann der Mist (sofortige Einarbeitung) in den Boden ausgebracht werden
  • Mistausbringung nicht bei trockener Witterung oder starkem Wind durchführen, um die Verbreitung von Aerosolen zu vermeiden

Biosicherheitsmaßnahmen: Schlüssel zum Schutz von Tieren und Menschen

In den nächsten Jahren wird das Thema Biosicherheit immer stärker in den Fokus rücken. Ein strukturierter Biosicherheitsplan ist dabei das zentrale Instrument, welches nicht zwangsläufig mit hohen Investitionen einhergeht. Schon einfache, klar strukturierte Maßnahmen können große Wirkung entfalten – vorausgesetzt, sie werden zielgerichtet geplant und konsequent umgesetzt. Biosicherheit ist keine bürokratische Pflichtübung, sondern ein entscheidender Baustein moderner Tierhaltung. Sie schützt Tiere, Menschen und Existenzen – und ist damit ein Muss für jeden Betrieb, der nachhaltig wirtschaften will.

TIPP:

Biosicherheitsmaßnahmen schützen Mensch und Tier. Laden Sie sich unsere Arbeitsanleitung zum Thema Biosicherheit herunter. Dort werden Ihnen die wichtigsten Informationen zum Thema Biosicherheit zusammengestellt und übersichtlich wichtige Maßnahmen in Tabellenform zusammengefasst. Die Arbeitsanleitung ist in den Sprachen Deutsch, Englisch, Rumänisch, Bulgarisch und Polnisch erhältlich.

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