Kälberdurchfall ist keine Seltenheit. Vor allem in den ersten drei Lebenswochen erkranken viele Kälber an Durchfall – mal mehr und mal weniger stark. Da Durchfallerkrankungen nach wie vor zu den häufigsten und verlustreichsten Jungtierkrankheiten zählen, können sie die zukünftige Lebensgrundlage eines Milchviehbetriebes in kürzester Zeit beeinträchtigen. Kein Betrieb, ob groß oder klein, ist vor dem Risiko gefeit, dass Kälber an Kälberdurchfall erkranken.
Es gibt verschiedene mögliche Ursachen für Kälberdurchfall – dazu gehören ernährungsbedingte und infektiöse Ursachen wie Viren, Bakterien oder Parasiten. Eine der häufigsten Durchfallverursacher sind Kryptosporidien (Parasiten ). Die Erreger gelangen in den Magen-Darm-Trakt des Jungtieres hinein und breiten sich dort aus. So kann sich die Gesundheitssituation der Kälber im Stall von heute auf morgen rasch verschlechtern.
Bei ersten Anzeichen einer Durchfallerkrankung muss sofort gehandelt werden. Mit unserer Checkliste haben Sie einen Überblick über die wichtigsten Maßnahmen, um Kälberdurchfall zu vermeiden und im Krankheitsfall schnell zu reagieren.
Was tun bei Kälberdurchfall durch Kryptosporidien?
Der 6-Punkte-Plan
- Diagnostik: Fragen Sie Ihren Tierarzt. Es gibt Schnelltests, mit denen die Durchfallerreger unkompliziert und schnell im Stall nachgewiesen werden können. Die Behandlung von Kälberdurchfall unterscheidet sich je nach auslösenden Erregern.
- Infektionsrisiko senken
- Reinigung und Desinfektion: Abkalbebucht und Kälberboxen/-iglus müssen regelmäßig mit einem wirksamen Desinfektionsmittel gereinigt werden.
- Kolostrumversorgung: Eine ausreichende Menge an Antikörpern schnell ins Kalb bringen.
- Mutterschutzimpfung: Eine Impfung kann Durchfallerkrankungen durch Rota- und Coronaviren sowie E. coli-Bakterien reduzieren. Leider steht kein Impfstoff gegen Kryptosporidien zur Verfügung.
- Wirkstoffe zur Behandlung: Mit einem zugelassenen effektiven Wirkstoff können Sie die Auswirkungen für das Kalb und die Ausscheidungsmenge der Kryptosporidien-Oozysten reduzieren.
Diagnostik
Eine umfangreiche Erregerdiagnostik kann am besten von einem Labor durchgeführt werden. Dennoch gibt es auch Schnelltests, die gut geeignet sind, um eine schnelle und kostengünstige Diagnostik auf dem Betrieb durchzuführen. Auf dem Markt befinden sich viele Durchfallschnelltests für Kälber, die im Prinzip alle ähnlich funktionieren. Diese können sowohl von Laien als auch vom Tierarzt durchgeführt werden. Jedoch empfehlen wir das Hinzuziehen des Tierarztes, der direkt eine Diagnose stellen und Behandlungsmaßnahmen ergreifen kann.
Wie genau so ein Schnelltest funktioniert, erfahren sie hier.
Infektionsrisiko senken
- Ältere Kälber sollten von jungen Kälbern getrennt gehalten werden, da ältere Kälber noch Kryptosporidien-Oozysten ausscheiden können.
- Durchfallkälber von gesunden Kälbern trennen; Durchfallkälber sollten für mindestens eine Woche nach der Erkrankung keinen Kontakt zu gesunden Kälbern haben.
- Füttern, misten und behandeln Sie gesunde Kälber vor Kranken, um keine Erreger von den kranken Kälbern auf Gesunde zu übertragen.
- Verwenden Sie separate Futtereimer und Nuckel für kranke Kälber.
Reinigung und Desinfektion
Die Kälberboxen oder -iglus sollten vor jeder Neubelegung generell gründlich gereinigt und desinfiziert werden. Da auch Kühe Kryptosporidien ausscheiden (aber nicht erkranken) sollten auch die Abkalbebuchten regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden.
Kryptosporidien sind extrem widerstandsfähig gegen viele Desinfektionsmittel. Eine Liste wirksamer, geprüfter Desinfektionsmittel der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft finden Sie hier. Nur wenige spezielle Desinfektionsmittel wirken gegen parasitäre Einzeller wie Kryptosporidien. Auch eine Hitzebehandlung der Oberflächen durch Dampfstrahler ist möglich. Hier muss auf einen geringen Abstand der Düse zur Oberfläche von maximal 5 cm geachtet werden, da sonst die Temperatur zu niedrig ist, um die Einzeller abzutöten.
Kolostrumversorgung
Wichtig: Hochwertige IgG-Antikörper (Kolostrum von der eigenen Mutter oder aus dem Vorrat in der Gefriertruhe) schnell ins Kalb bringen!
Für mittelgroße Holstein-Kälber empfehlen die meisten Experten mindestens 4 Liter Kolostrum innerhalb der ersten 6 Lebensstunden. Kleine Holsteiner Kälber oder Rassen mit allgemein kleineren Kälbern, wie z. B. Jerseys, benötigen möglicherweise weniger. Wenn das Kalb das angebotene Erstkolostrum nicht freiwillig trinkt, sollte eine Menge von etwa 3 Litern mittels Sonde verabreicht werden. Das Drenchen wird aber nur für die erste Mahlzeit empfohlen.
Wenden Sie sich an Ihren Tierarzt, um Empfehlungen zum Kolostrummanagement für Ihre Kälber zu erhalten.
Weitere Informationen zur Kolostrumversorgung finden Sie auch hier.
Mutterschutzimpfung
Es gibt eine Impfung gegen Rota- und Coronaviren sowie E. coli-Bakterien. Gegen Kryptosporidien ist kein Impfstoff erhältlich. Eine Impfung der Kuh während der Trockenstehzeit erhöht die Menge an Antikörpern im Kolostrum der Kuh und trägt so zu einem stärkeren Schutz bei. Fragen Sie Ihren Tierarzt nach diesen Produkten und wie sie in ein Impfprogramm für trockenstehende Kühe passen könnten.
Wirkstoffe zur Behandlung
Zur Behandlung von Kryptosporidiose stehen Ihnen diese Wirkstoffe zur Verfügung:
Halofuginon
Zur Behandlung erkrankter Kälber gab es bisher nur den Wirkstoff Halofuginon. Dieser führt zu einer Verminderung des Durchfalls und der Oozysten-Ausscheidung. Der Wirkstoff muss oral über 7 Tage verabreicht werden. Nachteilig bei dieser Behandlung ist, dass auch alle nachfolgenden neugeborenen Kälber systematisch behandelt werden müssen, solange das Risiko für Durchfälle durch Kryptosporidien besteht. Der Wirkstoff hat ein großes Potenzial, Nebenwirkungen auszulösen und sollte nicht an geschwächte Tiere verabreicht werden. Durch die geringe therapeutische Breite kann es zu Vergiftungserscheinungen bereits bei doppelter Dosis (u. a. Rückgang der Milchaufnahme, Durchfall) und sogar zu Todesfällen bei dreifacher Dosis kommen. Somit ist dieser Wirkstoff eher zur Prävention als zur Behandlung geeignet.
Paromomycin
Seit kurzem steht jedoch ein weiterer Wirkstoff zur effektiven Behandlung der Kryptosporidiose zur Verfügung. Paromomycin ist ein antibiotischer Wirkstoff, der gegen Kryptosporidien, aber zugleich auch gegen Bakterien (E. coli) wirksam ist. Das ist vorteilhaft, da Kälberdurchfall oft von Mischinfektionen ausgelöst wird. Die Behandlung mit Paromomycin führt zu einer schnelleren Heilung als mit Halofuginon. Mit dem Wirkstoff Paromomycin können gezielt Einzeltiere behandelt werden und es müssen keine nachfolgenden Kälber behandelt werden, was Zeit und Geld spart. Auch die Behandlungsdauer beträgt je nach Erreger nur 3 bis 5 Tage und die Verträglichkeit ist besser als die von Halofuginon. Es besteht auch bei mehrfacher Überdosierung kein Risiko für starke Nebenwirkungen und es kann bedenkenlos auch an geschwächte Tiere verabreicht werden. Die Paromomycin-Lösung kann über Milch/Milchaustauscher/Elektrolytlösung oder direkt oral verabreicht werden.
Kälberdurchfall ist eine komplizierte Krankheit. Mehr dazu auch in unserem Beitrag: Kampfansage: Kryptosporidien im Kälberstall und sprechen Sie mit Ihrem Tierarzt über Ihr individuelles Kälbergesundheitsprogramm.
Wichtig: Verwenden Sie Arzneimittel NUR wie von Ihrem Tierarzt empfohlen. Antibiotika sind ein großartiges Werkzeug, das bei richtiger Anwendung den Erfolg bei der Behandlung und Vorbeugung von Durchfall erheblich steigern kann. Bei unsachgemäßer Anwendung können sie jedoch mehr schaden als nützen, und bei all der unverdienten negativen Medienaufmerksamkeit, die die Tierhaltung in letzter Zeit erhalten hat, wird der Einsatz von Antibiotika mehr denn je unter die Lupe genommen. Es gibt keine bessere Quelle als Ihren Tierarzt, um Ihnen bei der Auswahl des effektivsten Programms zu helfen.