Kuh blickt durch grauen Holzlattenzaun

Gebärmutterentzündung der Kuh – Was hat Einfluss auf den Ausfluss?

Gast Autor Ceva Rind

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5.07.2022

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4 Min. Lesezeit

Dieser Artikel wurde von Dr. Johannes Lüttgenau verfasst. Dr. Lüttgenau ist ein angesehener Rindertierarzt im Raum NRW und spezialisiert auf Fruchtbarkeit, dessen Meinung und Erfahrung wir von Ceva Tiergesundheit sehr schätzen.

Definition und Erscheinungsbild der Endometritis

Wird beim Rind eitriger vaginaler Ausfluss 21 Tage nach der Kalbung (oder später) beobachtet, so spricht man von einer klinischen Endometritis1. Die davon betroffenen Kühe weisen im Normalfall ein ungestörtes Allgemeinbefinden auf. Der schleimig-eitrige Scheidenausfluss zeigt sich bei der Erkrankung vorwiegend im Liegen (siehe Abb. 1) und nimmt während der Brunst aufgrund der Öffnung des Gebärmuttermundes zu. Teilweise fallen die betroffenen Kühe aber auch erst bei der rektalen oder vaginalen Untersuchung durch den Tierarzt auf, die routinemäßig etwa 3-4 Wochen nach dem Abkalben erfolgen sollte.

Abb. 1: schleimig-eitriger Scheidenausfluss bei einem Rind mit Endometritis
Abb. 1: schleimig-eitriger Scheidenausfluss bei einem Rind mit Endometritis

Ursachen der Endometritis

Am häufigsten entsteht die klinische Endometritis aus einer akuten Gebärmutterentzündung (der sog. klinischen Metritis) nach dem Kalben. Risikofaktoren dafür sind unter anderem:
  • Mangelnde Hygiene bei der Geburtshilfe
  • Hoher Infektionsdruck im Abkalbebereich
  • Tot- und Schwergeburten
  • Geburtsverletzungen und Nachgeburtsverhalten
  • Erkrankungen, die einen negativen Effekt auf die Rückbildung der Gebärmutter und auf das Immunsystem haben (z.B. Milchfieber und Ketose)

Auswirkungen einer Endometritis auf die Kuh

Eine klinische Endometritis hat erhebliche negative Auswirkungen auf die Eierstocks- und Gebärmutterfunktion der Kühe:
  • Blockade des Zyklus aufgrund persistierender (sich nicht zurückbildender) Gelbkörper, da die entzündete Gebärmutterschleimhaut kein Prostaglandin mehr bilden kann
  • Direkte negative Beeinflussung des Spermas durch Bakterien und weiße Blutkörperchen in der Gebärmutter
  • Störung der Einnistung des Embryos in die Gebärmutterschleimhaut


In der Folge ist die Fruchtbarkeit der an Endometritis erkrankten Kühe deutlich reduziert2:

  • um 32 Tage verlängerte Güstzeit
  • höherer Trächtigkeitsindex (bezeichnet die Anzahl der Besamungen pro tragend gewordenem Tier - 10% mehr Besamungen erforderlich)
um 70% erhöhtes Abgangsrisiko aufgrund von Fruchtbarkeitsproblemen

Diagnose durch den Tierarzt

1. Rektale Untersuchung (am besten mit Ultraschall):
  • Füllung der Gebärmutter fühlbar; im Ultraschall eitriger Schleim sichtbar (siehe Abb. 2)
  • Gebärmutterwand ist schlaff

Ultraschallbild eines Gebärmutterhorns im Querschnitt mit eitrigem Schleim
Abb. 2: Ultraschallbild eines Gebärmutterhorns im Querschnitt mit eitrigem Schleim

2. Vaginale Untersuchung:
  • mit Scheidenspekulum: eitriger Ausfluss aus dem Muttermund
  • mit Metricheck™ (siehe Abb. 3): Entnahme und Beurteilung des Scheidenschleims

Scheidenschleimzieher Metricheck™
Abb. 3: Scheidenschleimzieher Metricheck™

Die Behandlung der Endometritis bei Kühen

ist abhängig davon, ob ein Gelbkörper vorhanden ist!

Beachte: Die korrekte Diagnose eines funktionalen Gelbkörpers (siehe Abb. 4) ist bei der rektalen Untersuchung mittels Ultraschalls deutlich höher als bei alleiniger Palpation der Eierstöcke (Sensitivität 89,5% versus 33,3 - 59,9%)3!

Eierstock eines Rindes mit funktionalem Gelbkörper
Abb. 4: Eierstock eines Rindes mit funktionalem Gelbkörper


1. Gelbkörper vorhanden
→ systemische Gabe von Prostaglandin (PGF2α)!
Die durch die Rückbildung des Gelbkörpers induzierte Brunst bewirkt eine Öffnung des Muttermundes, eine Kontraktion der Gebärmutterwand und eine Aktivierung der lokalen Immunabwehr der Gebärmutter.

Eine systemische PGF2α-Applikation zwischen Tag 28 und 35 nach der Kalbung:
  • reduziert die Inzidenz von persistierenden Gelbkörpern um 15,8%
  • führt zu einer Verkürzung der Güstzeit um 10,5 Tage
  • führt zu einer Verbesserung des Erstbesamungserfolges um 24,6%
  • reduziert den Besamungsindex um 0,44 und hat daher insgesamt einen positiven Effekt auf die Fruchtbarkeit beim Rind4.

2. kein Gelbkörper vorhanden
→ lokale Behandlung der Gebärmutter mit
  • desinfizierenden Lösungen (z.B. PVP-Iod verdünnt)
  • Phytotherapeutika (Lösungen auf pflanzlicher Basis)
  • Antibiotika (z.B. Cephapirin zugelassen, Wartezeiten beachten!)
→ Zyklusinduktion (z.B. mit GnRH und Progesteronspirale), dann Gabe von PGF2α

Beachte: Der Einsatz von Antibiotika bei Kühen mit einer Endometritis führt im Vergleich zu hormonellen Therapien nicht zu einer Verbesserung der Fruchtbarkeit!

Mehr zum Thema welche Faktoren die Fruchtbarkeit der Kuh beeinflussen lesen Sie hier.

Vorbeugung gegen Endometritis

Zur Vorbeugung gegen Endometritis eignen sich alle Maßnahmen, die eine Erkrankung der Gebärmutter nach dem Kalben verhindern:
  • Optimale Hygiene im Abkalbebereich und bei der Geburtshilfe
  • Milchfieber- und Ketoseprophylaxe
  • Sicherstellung ausreichender Futteraufnahme vor und nach der Geburt
  • Früherkennung einer Gebärmutterinfektion mittels regelmäßiger Kontrolle der Körpertemperatur aller abgekalbten Kühe durch den Landwirt
  • Routinemäßige Puerperalkontrollen ca. 3-4 Wochen nach der Kalbung durch den Tierarzt

So können Ihnen die Kühe hoffentlich noch einige Kälber schenken und dem Betrieb lange erhalten bleiben.

Quellen:

1 Sheldon IM, Lewis GS, LeBlanc S and Gilbert RO. Defining postpartum uterine disease in cattle. Theriogenology 65 (2006) 1516-1530.
2 LeBlanc SJ, Duffield TF, Leslie KE, Bateman KG, Keefe GP, Walton JS and Johnson WH. Defining and diagnosing postpartum clinical endometritis and its impact on reproductive performance in dairy cows. J Dairy Sci 85 (2002) 2223-2236.
3 Bicalho RC, Galvão KN, Guard CL and Santos JEP. Optimizing the accuracy of detecting a functional corpus luteum in dairy cows. Theriogenology 70 (2008) 199-207.
4 Lüttgenau J, Kögel T and Bollwein H. Effects of GnRH or PGF2α in week 5 postpartum on the incidence of cystic ovarian follicles and persistent corpora lutea and on fertility parameters in dairy cows. Theriogenology 85 (2016) 904-913.

 

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