Man fühlt sich wie in einem schlechten Traum. Gerade hat die Kuh noch ihr Kalb zur Welt gebracht und wenn man das nächste Mal nach ihr schaut, ragt ein ebenfalls fast kalbgroßes Gebilde aus ihrer Scheide. Oft presst sie noch immer und man sieht ihr die damit verbundenen Schmerzen geradezu an.
In diesem Fall ist für Sie als Landwirt Eile geboten schnell die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, denn ein Gebärmuttervorfall ist ein Notfall.
Trotz alledem: Die Zukunft der Kuh kann rosig sein.Risikofaktoren kennen und mindern!
Gebärmuttervorfälle entstehen meistens unmittelbar in Verbindung mit der Geburt. Ein kleiner Lichtblick hierbei: Die Häufigkeit bei Milchkühen schwankt zwischen nur 0,2% und 0,6%. Für mehrkalbige Kühe ist die Gefahr zu erkranken allerdings bis zu 5-mal höher als für Färsen.
Verschiedene Risikofaktoren konnten bis zum heutigen Tag identifiziert werden, die zur Entstehung beitragen:
- Schlaffheit (Atonie) der Gebärmutter durch:
- Milchfieber
- Länger vorherrschende Gebärmutterverdrehungen
- Übergroße Früchte / Zwillingsträchtigkeiten
- Zu starke Geburtshilfe
- Übermäßige Erweichung des weichen Geburtsweges
- Verzögerter Schluss des Muttermundes nach der Geburt
- Chronische Vaginalvorfälle
- Lähmungen
- Nachgeburtsverhaltungen
Das Auftreten von Gebärmuttervorfällen direkt zu vermeiden, gestaltet sich eher schwierig, über die Reduktion der Risikofaktoren hingegen können Sie die Häufigkeit dieser Erkrankung recht gut kontrollieren. In diesem Zusammenhang sollten Sie besonders die Fütterung in der Trockenstehperiode (z.B. Ansäuerung der Ration) im Hinterkopf behalten, aber auch wissen, wann und wie Sie adäquat Geburtshilfe leisten müssen.
Tipps zur richtigen Geburtshilfe erhalten Sie hier.
Frühe Behandlung - rosige Zukunft
Eine schnelle Behandlung des Gebärmuttervorfalles ist ausschlaggebend für eine gute Prognose. In einer italienischen Studie mit insgesamt 27.750 Abkalbungen (157 Gebärmuttervorfälle) wurde die tierärztliche Versorgung innerhalb einer Stunde nach Auftreten sichergestellt und so eine Überlebensrate von 91,7% erreicht. In anderen Studien schwanken die Ergebnisse hingegen zwischen 73,5% und 90,9%. Aber auch die Erstversorgung der Kuh ist entscheidend. Schwellungen, Schleimhautverletzungen, Verschmutzungen und starke Blutungen senken die Überlebenschancen deutlich.
Deshalb sollten Sie umgehend folgende Maßnahmen treffen, um diese Probleme zu vermeiden:
- Absondern des Tieres in einer Einzelbucht / Anbinden
- Kühlen der Gebärmutter mit nassen Handtüchern / Bettlaken
- Fußfesseln anlegen
- Blutungen: Klemmen/Brotdosenclips oder ein Druckverband mit Calciumlösungen
- Kreislauf stabilisieren: Elektrolyttränke/Drench oder Kochsalzinfusion
Die restliche Therapie des Tieres sollte in die Hände Ihres Tierarztes gelegt werden, denn die Tiere pressen oft zu stark um die Gebärmutter ohne medikamentöse Unterstützung zurückzulagern.
Der Tierarzt setzt in der Regel eine Betäubung in den Bereich des Rückenmarkes, um den Pressdrang der Kuh zu unterbinden. Anschließend wird die Gebärmutter auf ein Brett oder Backblech gelegt, gereinigt und vorsichtig per Hand zurückgeschoben. Eine andere Möglichkeit besteht darin die Gebärmutter durch neue Materialien wie den GYNbag und die GYNpipe an ihren angestammten Platz zu befördern. Hierbei wird sie in eine Plastikröhre „eingetütet“, wodurch gleichmäßigere Kraftverteilung beim Zurückdrücken möglich ist.
Zuletzt wird die Vulva über mehrere Tage nahezu komplett verschlossen, wodurch ein erneuter Vorfall zuverlässig vermieden wird. Eine Versorgung der Kuh mit Schmerzmittel und Antibiotikum beugt einer späteren Gebärmutterentzündung vor.
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Tragend werden ist nicht schwer
Die Fruchtbarkeit nach einem Gebärmuttervorfall kann besonders nach Komplikationen oder unsachgemäßer Behandlung deutlich reduziert sein. In der oben genannten Studie wurden 54,6% der Kühe allerdings sogar schon mit den ersten beiden Besamungen nach der Behandlung wieder tragend. Sie dürfen es sich also erlauben eine Kuh nach einem Gebärmuttervorfall auch für eine weitere Laktation auf dem Zettel zu haben.
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Fazit
Ein akuter Notfall wie der Gebärmuttervorfall setzt schnelles und konsequentes Handeln voraus, um das Leben Ihrer Kuh zu retten und sie für die Zukunft in Ihrem Betrieb wieder fit zu machen. Das Wissen über Risikofaktoren, die zu dieser Erkrankung führen und wie Sie diese vermeiden senkt die Häufigkeit dieses Notfalls auf ein Minimum zum Wohl für Sie und Ihre Kühe.
Quellen:
1. Carluccio, Augusto, et al. "Prevalence, survival and subsequent fertility of dairy and beef cows with uterine prolapse." Acta Veterinaria Hungarica (2020).
2. Abdisa, Tagesu. "Review on the reproductive health problem of dairy cattle." J Dairy and Vet. Sci 5.1 (2018): 1-12.
3. Foto Gynbag