Gesunde Kälber mit hoher Widerstandsfähigkeit gegen Kälberkrankheiten wie Kälberdurchfall und Kälbergrippe sind ein wesentlicher Faktor für den zukünftigen und langfristigen Erfolg von landwirtschaftlichen Betrieben. Kälbermanagement und die Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Jungtiere, auch als Kälberresilienz bezeichnet, sollte damit in jedem Betrieb mit höchster Priorität betrachtet werden. Denn noch immer sind die Kälberverluste in Deutschland durchschnittlich mit etwa 10 bis 15 % viel zu hoch. Zu oft wird nur auf die produzierenden Milchkühe geschaut, dabei sind die Kälber die Milchkühe der Zukunft!
Es kommt darauf an, im eigenen Betrieb den Kälbern schon vom Start weg optimale Bedingungen zu bieten. Totgeburten, Kälberkrankheiten und spätere Abgänge sind nicht nur ärgerlich, sie kosten einem Betrieb auch bares Geld. Dabei liegt die Ursache für diese Verluste in aller Regel nicht bei den Tieren. Im landwirtschaftlichen Betrieb sind wir es selbst, die mit einem guten Kälbermanagement alle Fäden in der Hand halten. Treten Kälberkrankheiten und Verluste im Bestand häufig auf, liegt das regelmäßig an Fehlern in der Haltung, Versorgung und Fütterung der Tiere. Die gute Nachricht: Daran können wir etwas ändern!
Schauen wir uns nun die Faktoren genauer an, die für die Widerstandsfähigkeit der Kälber besonders wichtig sind.
- Optimale Haltungsbedingungen für trächtige Tiere und Kälber sicherstellen
- Gesunde Kälber: Hochwertige Kolostrum-Versorgung ist entscheidend
- Maximale Hygiene durch Rein-Raus-Verfahren sicherstellen
- Mitarbeiter zum Thema Kälbergesundheit schulen
Kälberversorgung beginnt schon während der Trächtigkeit.
Wer sich für seinen Betrieb resiliente Kälber wünscht, muss schon während der Trächtigkeit in der Trockenstehphase bis zu Geburt die richtige Basis legen. Wenn für die Mutterkühe in dieser Phase optimale Bedingungen geschaffen werden, verbessern sich die Chancen auf gesunde und widerstandsfähige Kälber erheblich. Dabei sollten ganz einfach grundlegende Erkenntnisse in der Haltung und Fütterung sowie in der medizinischen Versorgung umgesetzt werden:
- Vermeidung sämtlicher Stressfaktoren für die Muttertiere
- Bestmögliche Stallbedingungen im Hinblick auf Belegung, Luftfeuchtigkeit, Durchlüftung, Beleuchtung und generelle Stallhygiene
- Optimal dosierte und kontrollierte Fütterung
- Ausreichende und jederzeit problemlose Wasseraufnahme
- Permanente Kontrolle der Tiere, Monitoring der Körperkondition
- Optimale Geburtsvorbereitung
- Rechtzeitig Impfungen durchführen
- Enge Zusammenarbeit mit dem Hoftierarzt
Neugeborene sofort optimal versorgen
Mit der Geburt beginnt die nächste entscheidende Phase für die jungen Kälber. Die ersten beiden Lebensmonate sind dabei ausschlaggebend für die Entwicklung gesunder und leistungsfähiger Tiere. Erkrankungen in diesen ersten zwei Monaten haben in aller Regel langfristig negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit eines Kalbs. Oft sind dann die Organe schlechter entwickelt. Kranke Kälber nehmen langsamer zu und kalben selbst oft Monate später als Tiere, die als Kalb keine Erkrankung hatten. Kälber mit Durchfall oder Lungenentzündung haben ein deutlich erhöhtes Risiko für vorzeitigen Abgang oder Verenden vor dem 30. Lebensmonat. Die optimale Versorgung der Neugeborenen ist damit von höchster Wichtigkeit:
- Bestmögliche Haltungsbedingungen schaffen
- Optimale Stallhygiene gewährleisten
- Fütterung optimieren und permanent kontrollieren
- Beste Trinkwasserversorgung und Trinkwasserqualität anbieten
- Sofort nach Geburt maximale Kolostrum-Versorgung sicherstellen
Beste Biestmilch: Hochwertige Kolostrum-Versorgung ist entscheidend!
Kommt ein Kalb zur Welt, ist es nach dem Verlassen des Mutterleibs in seiner neuen Umgebung mit dem ersten Atemzug sofort einer riesigen Zahl von Bakterien und Erregern ausgesetzt. Der natürliche Schutz gegen diese lebensgefährliche Bedrohung ist die Biestmilch oder Kolostrum – die erste Milch, die das Kalb von seiner Mutter bekommt.
- Die Wichtigkeit des Kolostrums ist gar nicht hoch genug einzuschätzen: Die Biestmilch ist der beste Schutz des Kalbs in den ersten Lebenswochen – und die mangelhafte Biestmilchversorgung oft der Hauptgrund für kranke Kälber!
- Jede Menge Biestmilch: viel hilft viel! Je mehr Kolostrum ein neugeborenes Kalb bekommt umso besser! Vor allem das erste Gemelk ist ungeheuer wichtig, da es die maximale Menge an Immunglobulinen enthält, etwa 100 Gramm pro Liter. Schon im zweiten Gemelk reduziert sich die Menge an Immunglobulinen auf etwa 60 Gramm. Damit gilt:
- Direkt nach der Geburt so viel Kolostrum wie möglich geben!
- 4 Liter Biestmilch in den ersten 12 Stunden sollte bei jedem Kalb das Ziel sein.
- Möglichst 2 bis 3 Liter sofort und weitere 2 bis 3 Liter mit dem zweiten Gemelk verabreichen.
- Extrem wichtig ist bei der Gabe des Kolostrums die Einhaltung höchster Hygiene, um den Keimgehalt der Kolostralmilch bis zur Aufnahme durch das Kalb minimal zu halten. Verwendete Milchkannen, Tränkeeimer und Nuckel müssen unbedingt penibel gereinigt und sauber gehalten werden!
- Bei der Biestmilchversorgung geht es um Menge, Sauberkeit und Schnelligkeit: Je schneller ein Kalb eine große Menge hochwertigen Kolostrums erhält, desto besser sind die Chancen auf einen gesunden Start, eine hohe Widerstandsfähigkeit und eine hohe zukünftige Leistungsfähigkeit!
Erfahren Sie hier mehr über gutes Kolostrummanagement!
Maximale Hygiene durch Rein-Raus-Verfahren sicherstellen.
Ein weiterer Punkt, die Kälberresilienz zu verbessern, ist ein optimales Haltungsmanagement, besonders im Hinblick auf die Betriebshygiene.
- Das Rein-Raus-Verfahren hat sich hierbei bewährt, da es eine systematische Reinigung und Desinfektion der Kälberställe erleichtert.
Eine Übertragung von Keimen auf andere Tiergruppen in die Ausbreitung von Infektionen kann mit diesem Verfahren meist verhindert werden. Darüber hinaus sollten generell im Betrieb und insbesondere im Umgang mit den Kälbern auf strengste Hygiene geachtet werden, um ernsthaften Erkrankungen wie Kälberdurchfall bzw. Neugeborenendurchfall vorzubeugen.
Know-how von Betriebsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern fördern
Neben den angeführten Maßnahmen ist jedoch ein weiterer Faktor sehr wichtig für die erfolgreiche Umsetzung im landwirtschaftlichen Betrieb: Alle beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigen das Fachwissen über die optimale Kälberversorgung und sollten auch motiviert werden, in diesem Bereich besonders engagiert mitzuarbeiten.
In der Praxis kommt es also darauf an, das Wissen einfach und schnell zugänglich zu machen, zum Beispiel über klare schriftliche Arbeitsanweisungen mit verständlichen Texten und einprägsamen Bildern oder auch durch gezielte Weiterbildungen im Betrieb. Die dafür benötigte Zeit ist auf jeden Fall eine sinnvolle Investition in den Betriebserfolg! Im täglichen Betriebsablauf muss dann weiterhin genau geregelt werden, wer wann für welche Maßnahmen und Tätigkeiten in der Kälberversorgung verantwortlich ist.
Machen Sie das Maßnahmen-Management rund um die Kälber zur Chefsache!
Kälberresilienz als Erfolgsfaktor für den Betrieb
Gesunde und widerstandsfähige Kälber bekommt man nicht geschenkt – der Aufwand im Betriebsalltag ist hoch – aber er lohnt sich und zahlt sich mit langfristigem Erfolg aus:
- Gesunde Kälber sparen zunächst schon direkt die Kosten für aufwändige Behandlungen, also Tierarztkosten und Kosten für Arzneimittel.
- In der Folge entwickeln sich gesunde Kälber deutlich schneller, sind eher leistungsfähig und auf Dauer leistungsstärker als Tiere, die schon als Kalb mit Krankheiten zu kämpfen hatten.
- Ein hoher Einsatz im Betrieb für die jungen Kälber verhindert somit teure Folgeschäden wie Abgänge bis zur zweiten Laktation und hohe Remontierungskosten. Im Gegenteil:
- Gesunde, optimal gehaltene und gut gefütterte Kälber zeigen auch als erwachsene Tiere eine langfristig überlegene Leistung, die sich betriebswirtschaftlich rechnet.
Geben Sie dem Kälbermanagement und der Kälberresilienz höchste Priorität. Die gesunden, widerstandsfähigen Kälber sind die Zukunft Ihres landwirtschaftlichen Betriebs!
Mehr über die Maßnahmen, die Sie für gesunde Kälber und gegen Kälberkrankheiten ergreifen können, lesen Sie auch in unseren Beiträgen zu Erkrankungen wie Kälberdurchfall oder Kälbergrippe.