- Kälberkrankheiten
Der Ceva Blog für Rindergesundheit
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Wie schaffen wir es, die jungen Kälber optimal zu versorgen und ihnen in unseren landwirtschaftlichen Betrieben von Geburt an den bestmöglichen Start ins Leben mitzugeben? Diese Frage ist wichtiger, als viele denken! Denn uns allen muss klar sein: Nur gesunde Kälber wachsen später zu leistungsfähigen Milchkühen oder auch erfolgreichen Mastbullen heran! Kälberkrankheiten wirken sich nachweislich langfristig negativ auf die Fruchtbarkeit und Milchleistung der Kühe aus. Die optimale Kälberversorgung ist daher die absolute Grundlage für jeden erfolgreichen Betrieb.
Dabei beginnt die Kälberversorgung schon beim trächtigen Muttertier und dann direkt mit dem Abkalben: Noch immer entstehen in Deutschland etwa 8 % der Kälberverluste durch Totgeburt oder durch Verenden kurz nach der Geburt. Schauen wir uns daher heute die optimale Kälberversorgung vor, während und kurz nach der Geburt genauer an, um Verluste zu vermeiden und die jungen Kälber vom ersten Augenblick an bestmöglich in ihrer Entwicklung zu fördern.
Vor und während der Geburt: Kühe beobachten und optimal unterstützen
Geburt überwachen und im Notfall Geburtshilfe leisten
Die ersten Minuten: Atmung anregen, Kalb trocknen, Nabel desinfizieren
Kolostrumversorgung unbedingt sicherstellen!
Die optimale Kälberaufzucht beginnt schon bei der Betreuung der trächtigen Kühe – besonders der Erstkalbinnen. Die Kühe sollten möglichst frei von Stress gehalten werden, damit Adrenalinausschüttungen vermieden und die Wehen nicht negativ beeinflusst werden. Folgende Hinweise können helfen, die Trächtigkeit und Geburtsvorbereitung der Kühe optimal zu gestalten:
Schon in der Spätlaktation und Trockenstehzeit entscheiden verschiedene Faktoren darüber, ob das Risiko von Schwer- oder Frühgeburten reduziert werden kann. In der Spätlaktation sollte z. B. ein Verfetten der Muttertiere vermieden werden (BCS Body Condition Score kleiner als 3,75). Umgekehrt sind zu geringe Fettreserven in der Trockenstehzeit ebenfalls ein Risiko (RFD Rückenfettdicke mindestens 12 mm). Das Fütterungsmanagement ist daher genau zu überwachen.
Da weibliche Kälber im Durchschnitt ein geringeres Geburtsgewicht haben als männliche, kann es gerade bei Erstkalbinnen sinnvoll sein, auf gesextes Sperma zurückzugreifen.
Die Mineralstoffversorgung ist sicherzustellen und anzupassen und gerade in den letzten Trächtigkeitswochen noch einmal besonders wichtig. Milchfiebervorbeugung durch ausreichende Calciumversorgung und Vitamin-D-Zugabe sicherstellen. Ggf. Zugabe von sauren Salzen, der Harn-pH-Wert sollte optimal bei 7,0 bis 7,5 liegen.
Je nach Tierbestand ist für eine ausreichende Menge an Abkalbebuchten zu sorgen. Die Einzelboxen sollten mindestens 12 qm, besser sogar 15 qm Platz bieten. Diese entsprechen auch dem natürlichen Verhalten der Tiere, die vor dem Abkalben scheuer werden und sich etwas von der Herde absondern. Die Abkalbebuchten bzw. Boxen sollten gut einsehbar und kontrollierbar sein. Zugluft ist in diesem Bereich zu vermeiden. Vor der Belegung sind die Boxen unbedingt zu säubern und mit reichlich frischer, trockener und möglichst keimarmer Einstreu auszustatten. Eine Nutzung von Abkalbeboxen als Krankenboxen sollte unbedingt vermieden werden.
Dies sollte spätestens schon einen Tag vor dem Abkalben geschehen, damit die Tiere Zeit haben, sich im neuen Umfeld einzufinden und wieder zu beruhigen.
In der Abkalbebox ist das Muttertier zwar von der Herde räumlich getrennt, doch sollte es stets Sichtkontakt zu den anderen Tieren der Herde haben, um nicht in Stress zu geraten.
Die Muttertiere sind schon während der Trächtigkeit und besonders in den letzten Trächtigkeitswochen genau zu beobachten. Nach einer guten Vorbereitung kommt es dann zum entscheidenden Ablauf während der Geburt der Kälber. Es ist wichtig, in dieser Phase die Tiere noch genauer im Blick zu behalten, um bei möglichen Komplikationen schnell eingreifen zu können. Geburtsüberwachung und eventuell nötige Geburtshilfe sind entscheidend, um Totgeburten zu reduzieren!
Kühe kurz vor der Geburt unbedingt regelmäßig und in engen Abständen kontrollieren – möglichst alle 2 Stunden -- und den Zustand dokumentieren. Bei Personalwechsel Informationen weitergeben!
Erste Anzeichen für eine Geburt sind das deutliche Abhalten des Schwanzes, Unruhe, Abgang von Schleim, Platzen der Fruchtblase und Fruchtwasserabgang. Sicheres Anzeichen ist selbstverständlich das Sichtbarwerden des Kalbs. Die normale Geburt sollte etwa 1 bis 2 Stunden dauern.
Wünschenswert ist natürlich eine problemlose Geburt. Nach dem Platzen der Fruchtblase ist in der Regel in den ersten zwei Stunden noch kein Eingriff notwendig. Hinweise auf eine notwendige Geburtshilfe sind dann aber, wenn sich die Farbe des Fruchtwassers verändert, etwa 30 Minuten kein Geburtsfortschritt sichtbar ist, die Fesseln des Kalbs seit über zwei Stunden herausschauen oder wenn die Vitalität des Kalbs nachlässt. Ziehen Sie dann zur Sicherheit immer den Tierarzt hinzu – am besten Sie informieren ihn schon rechtzeitig vorher über eine unmittelbar bevorstehende Geburt.
Bei der vaginalen Untersuchung und bei der Geburtshilfe unbedingt auf Sauberkeit achten. Schambereich der Kuh waschen und ebenso Hände und Arme des Geburtshelfers bis zur Schulter waschen. Gerät und Hilfsmittel, die zur Geburtshilfe benutzt werden, sind vorher und auch nachher gründlich zu reinigen und zu desinfizieren.
Sobald das Kalb geboren ist, geht es um die ersten wichtigen Schritte zur optimalen Versorgung, um ein bestmögliches und gesundes Aufwachsen sicherzustellen. Es beginnt schon in den ersten Minuten nach der Geburt!
Als erste Maßnahme gilt es, die Atmung des gerade geborenen Tieres zu prüfen. Atmet es nicht, ist es in Brust- und Bauchlage zu bringen – nicht an den Hinterbeinen hochziehen! Atmet das Tier weiterhin nicht, kann ein Kaltwasserguss über den Nacken des Tieres die Atmung anregen. Dazu Wasser schon vorher bereithalten – und auch einen Kälberretter für den Notfall, um Schleim aus den Atemwegen abzusaugen und anschließend Luft einzupumpen.
Der nach der Geburt offene Nabel ist eine Stelle, an der Keime in den Körper des Kalbs eindringen können. Dabei kann es zu Nabelentzündungen unterschiedlicher Schwere kommen, bis hin zu einer allgemein fortschreitenden Infektion. Die Nabeldesinfektion ist eine Möglichkeit, Infektionen vorzubeugen. Sie sollte einmalig direkt nach der Geburt vorgenommen werden – allerdings nur äußerlich. Desinfektionsmittel darf nicht in den Körper eindringen. Weiterhin sollten in den folgenden Tagen regelmäßig Sichtkontrollen des Nabels vorgenommen werden. Grundsätzlich sollte am Nabel allerdings so wenig wie möglich hantiert werden. Falls dies doch notwendig ist, ist strikte Hygiene zwingend, ebenso wie saubere Handschuhe. Im normalen Verlauf trocknet die Nabelschnur nach etwa einer Woche aus und fällt nach etwa zwei Wochen ab.
Direkt nach der Geburt kann das Kalb voller Gebärmutterschleim sein. Diesen kann man direkt von außen ausstreichen oder absaugen, um das Trockenlecken und Trocknen des Fells zu erleichtern.
Zum natürlichen Verhalten der Muttertiere gehört das Trockenlecken des neugeborenen Kalbs. Es aktiviert die Durchblutung beim Kalb und es sollte durchaus etwa 30 Minuten zum Ablecken bei der Kuh verbleiben. Ebenso hilft das Trockenreiben des Kalbes. Es ist wichtig, dass das Fell des Jungtiers trocken ist, damit es die Körperwärme halten kann – besonders bei kalter Witterung.
Nach dem Trockenlecken und Trocknen kann das Kalb aus dem Abkalbebereich zu seinem Kälberiglu, in seine Box oder in eine Kälberhütte gebracht werden. Hier ist nach der Geburt in der Regel der neue, sichere Platz für die Jungtiere. Es ist vorher sicherzustellen, dass die Kälberbox gereinigt und desinfiziert wurde, um Viren, Bakterien und andere Krankheitserreger unter Kontrolle zu halten. Regelmäßig für trockene und möglichst hochwertige, keimarme Einstreu sorgen!
Mehr über Maßnahmen, die Sie ergreifen können lesen Sie in einem unserer weiteren Artikel.
Die rechtzeitige und ausreichende Aufnahme von Kolostrum ist entscheidend für die Entwicklung der Kälber. In den ersten vier Lebensstunden sollten bereits vier Liter Biestmilch verabreicht werden. Dies ist genau zu überwachen! Lassen Sie die Kälber nicht allein – im Zweifel muss bei Kälbern ohne Schluckreflex das Drenchen angewendet werden. Weitere Informationen zur optimalen Kolostrumversorgung und Fütterung finden Sie hier.
Von der Vorbereitung der trächtigen Kühe auf das Abkalben über die Geburt selbst bis hin zu den ersten Maßnahmen direkt nach der Geburt: Hier entscheidet sich schon, wie das neugeborene Kalb seine weitere Entwicklung nimmt. Die optimale Versorgung der Kälber erhöht sofort die Chancen auf gesundes Wachstum und minimiert die Risiken von Erkrankungen. Welchen Krankheitsgefahren das Jungtier ausgesetzt ist, sobald des das Licht der Welt erblickt, lesen Sie übrigens in unserem Hauptartikel über Kälberkrankheiten.