Klauenerkrankungen frühzeitig erkennen und behandeln: Wie schaffen wir es, dass diese in ihren Anfängen festgestellt werden und sich nicht erst zu schmerzhaften Lahmheiten entwickeln, die die Leistung der Kuh betreffen? Diese Frage ist wichtiger, als viele denken!
Denn uns allen muss klar sein: Nur gesunde Kühe zeigen gute Fruchtbarkeitsleistungen.
In diesem Artikel erfahren Sie:
- Klauenerkrankungen frühzeitig erkennen!
- Zusammenhang zwischen schmerzhaften Klauenerkrankungen und Fruchtbarkeit
- Welche Maßnahmen kann man treffen, um die Fruchtbarkeit zu steigern?
Mehr zum Schmerzmanagement bei Rindern erfahren Sie in unserer Arbeitsanleitung.
Klauenerkrankungen: Wann muss direkt gehandelt werden?
Infektiöse Klauenerkrankungen sind sogenannte Faktorenkrankheiten. Das bedeutet, dass ein Zusammenwirken mehrerer Faktoren notwendig ist, um die Erkrankung auszulösen. Ursachen können hier zum Beispiel Hygienemängel, Stressfaktoren oder Infektionserreger sein.
Direkter Handlungsbedarf besteht dann, wenn Kühe mit Lahmheiten auffallen - die Klauenerkrankungen sind dann bereits weiter fortgeschritten und mit Schmerzen für das Tier verbunden. Als Erkrankungen sind hier beispielhaft Dermatitis Digitalis (= Mortellaro-Krankheit, Erdbeerkrankheit), Sohlengeschwüre und Panaritium zu nennen. In diesen Fällen ist man angehalten zu handeln! Zum einen um das Tier vor Schmerzen zu schützen und zum anderen, um wirtschaftliche Einbußen für den Betrieb zu verhindern.
Dies zeigte deutlich eine aktuelle Studie aus Österreich: Kühe die hochgradig und wiederholt während einer Laktationsperiode lahm waren gaben im Schnitt 319kg Milch weniger als gesunde Kühe1. Zudem waren nach dem Jahresbericht der LKV-Bayern 2020 Lahmheiten nach Fruchtbarkeitsstörungen (23,9%) mit 7,4% auf Platz 32 der Infektionskrankheiten in bayerischen Milchviehbetrieben.
Welche Auswirkungen haben Lahmheiten auf die Fruchtbarkeit?
Klauenerkrankungen und die Fruchtbarkeit von Milchkühen sollten nicht unabhängig voneinander betrachtet werden, denn schmerzhafte Klauenerkrankungen wirken sich negativ auf die Fruchtbarkeit aus. In erster Linie zeigen die Tiere bedingt durch die Schmerzen stark abgeschwächte Brunstsymptome. So sieht man bei lahmen Tieren zum Beispiel deutlich seltener ein Aufspringverhalten. Ein weiterer Punkt, der sich schlecht auf die Fruchtbarkeit auswirkt, ist das Energiedefizit in dem sich lahme Kühe häufig befinden. Denn diese vermeiden, bedingt durch die Schmerzen, den regelmäßigen Weg zum Futtertisch und nehmen so weniger Futter auf.
Der Zusammenhang zwischen Lahmheit und Fruchtbarkeit wurde auch durch eine groß angelegte Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover untersucht. Dazu wurde die Versuchsgruppe von 839 Tieren in zwei Gruppen aufgeteilt: Tiere mit Klauenbefund und Tiere ohne Befund. Die Studie zeigte, dass sowohl der Erstbesamungserfolg, die Rastzeit und auch die Güstzeit negativ durch Klauenerkrankungen beeinflusst wurden3. Zudem wies eine andere Studie auch eine signifikant längere Zwischenkalbezeit bei lahmen Kühen nach4.
Was braucht es denn nun, um Klauenerkrankungen im Betrieb in den Griff zu kriegen?
Werden die ersten Lahmheitsanzeichen entdeckt, sollte direkt gehandelt werden, denn sonst hat die zunächst leichte Lahmheit schnell schlimmere Auswirkungen. Die Anfänge können zum Beispiel zunächst nur durch ein asymmetrisches Gangbild gekennzeichnet sein. Hier greift ein regelmäßiges Lahmheitsscoring der gesamten Herde. Bei gesunden Kühen ist die Rückenlinie sowohl im Stehen als auch im Gehen gerade und die Kuh macht sichere Schritte. Dieser Zustand verschlechtert sich je nach Lahmheitsgrad immer mehr, sodass bei lahmen Tieren die Rückenlinie sowohl im Gehen als auch im Stehen gekrümmt ist. Die Kuh macht in diesem Stadium schon lange keine sicheren Schritte mehr, sondern entlastet die betroffenen Gliedmaße vermehrt. Detailliertere Informationen über die verschiedenen Stadien finden Sie in dem Lahmheitsscoring nach Sprecher, et al. (1997)5.
Auf den richtigen Gang kommt es an
Eine schlechte Fruchtbarkeit bei Milchkühen kann viele Ursachen haben – eine Klauenerkrankung sollte dabei also immer auch in Betracht gezogen werden.
Klauenerkrankungen im Betrieb sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen - denn dazu sind die unmittelbaren Auswirkungen im Hinblick auf Tierwohl und die wirtschaftlichen Konsequenzen für den Betrieb zu gravierend!
Quellen
1 Kofler, Johann. (2021). Auswirkung von Lahmheit auf die Milchleistung bei Milchkühen in Österreich – Ergebnisse aus dem Efficient-Cow-Projekt. SAT
2 MLP-Jahresbericht-2020 Bayern
3 Wiedenhöft, Dörte. (2005). Einfluss von Lahmheiten auf die Fruchtbarkeitsleistung von Milchkühen
4 Mahlkow - Nerge, K. (2008). Klauengesundheit & Fruchtbarkeit von Milchkühen. Nutztierpraxis Aktuell , 50 - 55
5 Landwirtschaftliches Zentrum für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei Baden-Württemberg (LAZBW). Lahmheiten Beurteilung des Bewegungsablaufs