Ob Magenwurm, Lungenwürmer, Rinderlaus oder Dasselfliegen – Parasiten greifen die Tiere im Stall und auf der Weide an und schwächen sie. Oftmals nimmt die Milchleistung ab, das Fell wird stumpf und struppig und das Tier verliert an Gewicht. Im schlimmsten Fall endet die Verwurmung tödlich. Haben sich die kleinen Schädlinge erst einmal in ihrem Wirt eingenistet, wird man sie nicht mehr so schnell los. Von hier aus können sie sich vermehren und über die gesamte Herde langsam verteilen. Wirkt der Landwirt dem Kreislauf der Parasitenvermehrung nicht durch aktives Handeln entgegen, kommt er kaum gegen die Schädlinge an.
Parasitenmanagement birgt Herausforderungen
Landwirte und Tierärzte müssen sich bezüglich der Parasitenbekämpfung immer wieder neuen Herausforderungen stellen. Die Komplexität nimmt zu und es gilt fortwährend neue Lösungsansätze zu finden. Folgende Punkte gehören zu den aktuellen, großen Herausforderungen bei der Parasitenbekämpfung:
- Resistenzen der Parasiten gegen genutzte Wirkstoffe1
- Umweltbelastungen durch chemische Rückstände und der Toxizität für andere Tierarten2
- Allgemeines öffentliches Interesse an der Lebensmittelsicherheit und Rückstände von Behandlungen im essbaren Gewebe
- Großer Fokus auf die Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere
- Nachhaltiges Handeln mit Blick auf die Zukunft
- Produktivität und Profitabilität der Betriebe
Die klassische Strategie der Entwurmung
Um aktiv gegen Parasiten vorzugehen gibt es verschieden Möglichkeiten, die sich gegenseitig ergänzen sollten:
- Durchdachtes Weidemanagement
- Starkes Immunsystem und gesunde Tiere
- Behandlung mit Wurmkuren
Das Thema Entwurmung wird oftmals recht simpel gehandhabt. Regelmäßig wird ein passendes Mittel an die gesamte Herde gegeben. Danach wird die Weide gewechselt, damit ausgeschiedene Wurmeier nicht direkt wieder aufgenommen werden und ein Neubefall besteht.
Diese klassische Strategie der Entwurmung birgt jedoch ein großes Risiko der Resistenzen. Alle anfälligen Parasiten werden durch die Behandlung abgetötet und es überleben nur die bereits resistenten. Ebendiese werden sich folglich vermehren und ihre Gene an die nachfolgenden Populationen weitergeben. Die unmittelbare Folge: Die eingesetzten Wirkstoffe wirken langfristig nicht mehr.
Ein Refugium für Parasiten
Die Refugia Strategie als selektive Behandlungstechnik bietet der Resistenzbildung die Stirn! Durch die reduzierte Anwendung kann die Bildung von Resistenzen verlangsamt oder gar verhindert werden. Das Prinzip ist simpel: Die Entwurmung wird nur bei einem Teil der Herde durchgeführt. Das bedeutet, dass einige der anfälligen Parasiten in der Herde bleiben und nicht mit der Entwurmung vernichtet werden. Diese anfälligen Schädlinge verdünnen nun die gesamte Population und vermehren sich mit den Resistenten. Den Parasiten wird demnach ein kleines Refugium, ein Rückzugsort zum Überleben gegeben. Dadurch werden nicht nur gänzlich resistente Gene an die Nachkommen weitergegeben und der Wirkstoff behält weiterhin seine Wirkung!
Davon profitieren nicht nur die Tiere
Die Refugia Strategie hat viele Vorteile gegenüber der klassischen Behandlung der ganzen Herde:
- Verlangsamung der Resistenzbildung
- Erhalt der Wirksamkeit der eingesetzten Mittel
- Weniger Kosten für den Landwirt durch weniger eingesetzter Wirkstoff
- Einzelbehandlung nur von Tieren, die davon profitieren
- Geringere Auswirkungen auf die Umwelt durch weniger Wirkstoff
Mehr zur Anwendung um Umsetzung der Refugia Strategie erfahren Sie in unserer Arbeitsanleitung.
Keine Angst vor überlebenden Parasiten
Durch die selektive Behandlung überleben einige der anfälligen Parasiten, um die Population der Schädlinge zu verdünnen und die Resistenzbildung zu verlangsamen. Das muss aber nicht schlimm sein! Ein gesundes Tier schafft es körpereigene Abwehrkräfte gegen einige der Parasiten im Inneren zu entwickeln. Dadurch hat ein leichter Befall kaum Einfluss auf die Gesundheit und die Leistung. Durch die Refugia Strategie sollen also nur die Tiere behandelt werden, die davon auch profitieren!3
Wichtig ist es demnach zu filtern, welche Tiere eine Entwurmung wirklich benötigen. Hierfür gibt es verschieden Anzeichen auf die als Landwirt geachtet werden kann:3
- Weniger als 200 Tage Milchabgabe
- Geringere Milchleistung als der Durchschnitt der Herde
- Durchfälle
- Stumpfes, struppiges Fell
- Gewichtsabnahme
- Veränderungen der Schleimhäute
Zusammenarbeit mit dem Tierarzt
Die klassische Kotprobe ist sehr hilfreich, um herauszufinden welche Parasiten sich in einzelnen Tieren eingenistet haben. Am Ende ist es auch immer sinnvoll mit dem Tierarzt vor Ort zu besprechen, welche Tiere behandelt werden und keine Entwurmung benötigen. Denn präzise und selektive Entwurmung lohnt sich!
Quellen:
1Kaplan, R.M., Vidyashankar, A.N., 2012. An inconvenient truth: Global worming and anthelmintic resistance. Vet. Parasitol., Special issue: Novel Approaches to the Control of Helminth Parasites of Livestock 186, 70–78.
2Lumaret JP, Errouissi F. Use of anthelmintics in herbivores and evaluation of risks for the non target fauna of pastures. Vet Res. 2002 Sep-Oct;33(5):547-62. doi: 10.1051/vetres:2002038. PMID: 12387489.
3Ravinet N, Lehebel A, Bareille N, Lopez C, Chartier C, Chauvin A, Madouasse A. Design and evaluation of multi-indicator profiles for targeted-selective treatment against gastrointestinal nematodes at housing in adult dairy cows. Vet Parasitol. 2017 Apr 15;237:17-29. doi: 10.1016/j.vetpar.2017.03.001. Epub 2017 Mar 2. PMID: 28274492.