Kühe auf dem Feld, Mücken fliegen herum

Blauzungenkrankheit – So erkennen Sie die Symptome der Seuche BTV beim Rind

Inga Oestereich

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24.09.2024

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5 Min. Lesezeit

Mit steigenden Temperaturen schwirren sie wieder überall herum und plagen meine Kühe: die kleinen blutsaugenden Arthropoden, die Gnitzen, auch Bartmücken genannt. Das sie meine Rinder nur durch ihre juckenden Stiche quälen, ist ja das eine. Aber dieses Jahr haben sie zusätzlich eine böse Überraschung in ihrem Saugrüssel, denn sie übertragen BTV-3, ein Virus, das die gefürchtete Blauzungenkrankheit auslöst. Alle Wiederkäuer sind davon betroffen, Schaf, Ziege, Rind oder auch Neuweltkamele wie Alpaka und Lama. Und diese meldepflichtige Tierseuche hat es in sich!

Eine gewaltige Infektionswelle zieht von Westen, aus den Niederlanden kommend, über Deutschland hinweg. Laut des Tierseucheninformationssystems (TSIS)1 ist davon auszugehen, dass bis Ende 2024 alle Gebiete in Deutschland betroffen sein werden und die Seuche auch in den nächsten Jahren weiter zirkulieren wird1. Doch wie können Sie einen BTV-Ausbruch im Bestand erkennen? Haben die Tiere nur blaue Zungen? Ich frage für Sie mal vorsichtshalber bei meinem Tierarzt nach.

Klinische Symptome der Blauzungenkrankheit

Natürlich springt mir beim Namen Blauzungenkrankheit zuerst eine blaue Zunge als klinisches Anzeichen in den Sinn. Jedoch tritt nur in sehr wenigen Fällen wirklich eine Blaufärbung der Zunge auf. Nach einer Inkubationszeit von 4 bis 20 Tagen zeigen sich folgende Symptome2, 4:

  • Fieber (> 41°C)
  • Abgeschlagenheit
  • Appetitverlust oder Appetitlosigkeit
  • Einbruch der Milchleistung, Erholung erst nach einigen Wochen/Monaten
  • Rötung und Wunden an der Nase, am Zahnfleisch und an den Zahnzwischenräumen
  • Schwellungen von Gesicht, Lippen und Zunge (z.B. „Blauzunge")
  • Atembeschwerden, wenn die Zunge anschwillt
  • Bindehautentzündung und Sabbern
  • Ausfluss aus den Augen und/oder der Nase
  • Langanhaltende schwere Lahmheit und Steifheit, mit dicken roten, geschwollenen Kronrändern und geschwollenen Beinen
  • Aborte oder Missbildungen bei den Nachkommen

Moderate BTV-3 Infektionszeichen

  • Kuh zeigt Abgeschlagenheit, Bindehautentzündung (rote Augen) und Nasenausfluss.

Blauzungenkrankheit_Abgeschlagenheit_Bindehautentzündung_Nasenausfluss(Foto: Niederländisches Ministerium für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität)

  • Ulzerative Schleimhautveränderungen und starker Nasenausfluss

Schleimhautveränderungen(Foto: Niederländisches Ministerium für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität)

  • Gerötetes Euter, Krustenbildung und Rissbildung der Zitzenhaut

Blauzungenkrankheit_Symptom_Euter(Foto: Niederländisches Ministerium für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität)

Die bisherigen Serotypen der Blauzungenkrankheit 1, 4 und 8 waren von den Symptomen her bei Rindern nicht so ausgeprägt wie bei dem aktuell auftretenden Typ 3. Ich bin auch froh zu erfahren, dass bei Rindern die Krankheitsverläufe insgesamt milder sind als bei Schafen, jedoch sind auch plötzliche Todesfälle und selten chronische Verläufe möglich.

Steht bei Ihnen eine Kalbung an? Dann ist ein BTV-Befall besonders kritisch, denn bei hoher Belastung der Kuh kommt es eher zu schwierigeren Krankheitsverläufen. Neben deutlichen Milchleistungsverlusten von durchschnittlich 1,15 Kilogramm pro Kuh und Tag über einen Zeitraum von etwa 10 bis 12 Wochen kam es z.B. in den Niederlanden im Ausbruchsjahr 2023 auch zu einer erhöhten Sterblichkeit bei Rindern2.

Im Jahr 2023 wurde in milchliefernden Betrieben ein Anstieg der Sterblichkeit (im Vergleich zur BTV-3-freien Zeit und in den BTV-3-freien Flächen) beobachtet von:

  • 1,17 (95 % KI: 1,12-1,23) mal höher für nicht zweckgebundene Kälber;
  • 1,78 (95 % KI: 1,69-2,09) mal höher für Rinder (>1 Jahr);
  • 1,93 (95 % KI: 1,79-2,09) mal höher für Rinder zu Beginn der Laktation.2

Aber auch wenn Sie nur Fleisch- und keine Milchrinder halten, können Sie sich nicht entspannt zurücklehnen. Denn in den Fleischrinderbetrieben war die Sterblichkeit sogar noch höher, nämlich um das 2,86-fache (95%-KI: 1,27-6,47). 2

Darüber hinaus scheinen massive Probleme in der Fruchtbarkeit von männlichen und weiblichen Rindern aufzutreten.

Mehr zum Thema Fruchtbarkeit beim Rind finden Sie auf unserem Blog 

Wie kann ich meine Rinder vor BVT-3 schützen?

Zunächst geht’s an die Krankheitsauslöser, die Gnitzen. Gnitzen starten ihren Angriff vermehrt in den Abendstunden und nachts. Sie finden ihre Wirte dabei über den Geruchssinn und die Augen. Ausdünstungen und die Silhouetten großer Weidetiere locken sie an. Gern stechen sie Rinder in Bauch und Rücken. Als ersten, jedoch eher begrenzten Schutz, können Sie somit Insekten abwehrende Mittel / Repellentien einsetzen.

Im Juni 2024 wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) per Eilverordnung die Anwendung von Impfstoffen gegen den Serotyp 3 der Blauzungenkrankheit erlaubt5. Aktuell (September 2024) empfiehlt die StIKo Vet für alle empfänglichen Wiederkäuer dringend eine Impfung3, eine Impflicht besteht dagegen nicht.

Bei dem Impfstoff handelt es sich um einen Totimpfstoff, der nur durch den jeweils bestandsbetreuenden Tierarzt verschrieben, bestellt und angewendet werden darf. Aktuell ist ein offiziell zugelassenes Vakzin gegen die Blauzungenkrankheit nicht verfügbar. Die aktuell vorhandenen Vakzine schützen Ihre Rinder jedoch vor schweren Erkrankungen.

Sie brauchen keine Sorge vor der Impfung zu haben, denn die Impfstoffe sind so gut verträglich, dass die Tiere durch die Impfung nur geringen Belastungen ausgesetzt sind. Bedenken Sie, dass der Aufbau des Immunschutzes Zeit benötigt, die Sie einplanen sollten. Je nach Vakzin braucht das Immunsystem Ihres Tieres mindestens 21 Tage nach Abschluss der Grundimmunisierung, um einen Schutz aufzubauen. Aus Herden, in denen die Impfung in einen bereits erkrankten Bestand erfolgt, wird berichtet, dass sich das Infektionsgeschehen nach etwa zwei Wochen allmählich zu beruhigen begann.

Mehr zur Grundlage der Impfung von Rindern finden Sie in unserem Blog.

Noch ein Tipp zum Abschluss: Denken Sie daran die Impfung im Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (Hi-Tier) eintragen zu lassen und etwaige Nebenwirkungen an das Paul-Ehrlich-Institut zu melden.

 

Quellen:

1 https://tsis.fli.de/cadenza abgerufen am 19.09.2024

2 BTV-3 stand van zaken na 2023: impact en prevalentie. Royal GD, Deventer, NL. 20. Juni 2024. https://www.gddiergezondheid.nl/ abgerufen am 19.09.2024

3 Aktualisierte Stellungnahme zur Impfung empfänglicher Wiederkäuer gegen BTV-3, https://www.openagrar.de/receive/openagrar_mods_00097528, abgerufen am 19.09.2024

4 Boender GJ, Hagenaars TJ, Holwerda M, Spierenburg MAH, van Rijn PA, van der Spek AN, Elbers ARW. Spatial Transmission Characteristics of the Bluetongue Virus Serotype 3 Epidemic in The Netherlands, 2023. Viruses. 2024. 16

5 Pressemitteilung: Anwendung von drei Impfstoffen gegen Blauzungenkrankheit gestattet. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Bonn. 7. Juni 2024. https://www.bmel.de/

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