Landwirt bei Besamung einer Kuh

Meine Kuh hat ein Fruchtbarkeitsproblem – wie wird sie wieder trächtig?

Dr. Sebastian Jander

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8.03.2023

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4 Min. Lesezeit

Auch im Jahr 2023 ist die Fruchtbarkeit immer noch eine der häufigsten Abgangsursachen für Milchkühe.

Besonders im Hinblick auf künstliche Besamungen hat der Gebrauch von Hormonen immer mehr Bedeutung erlangt. Vor allem der Einsatz im Rahmen der Ovulationssynchronisation (Ov-Synch) wird oft routinemäßig durchgeführt. Für die Auflösung des Gelbkörpers (Luteolyse) ist in diesem Zusammenhang die Injektion von Prostaglandinen notwendig. Doch welches muss wie oft und in welchem Abstand gegeben werden, um optimale Fruchtbarkeitsergebnisse zu erzielen und so den Hormoneinsatz auf Ihrem Betrieb insgesamt möglichst gering zu halten?


Mehr zu Fruchtbarkeitshormonen lesen Sie hier. 

Die Gelbkörper-Prostaglandin Verknüpfung

Prostaglandin und insbesondere Prostaglandin F2a (PGF), ist ein Hormon, welches von der Gebärmutterschleimhaut gebildet wird, wenn es nicht zur Einnistung eines Embryos gekommen ist, also keine Trächtigkeit vorliegt. PGF bewirkt eine Auflösung des Gelbkörpers, wodurch dieser kein Progesteron mehr produzieren kann, und ein neuer Zyklus der Kuh startet.

Mehr zum Thema Progesteron erfahren Sie hier. 

Schwarze Kuh mit Kalb auf Wiese

Prostaglandin ist nicht gleich Prostaglandin 

Auf dem Markt sind verschiedene Typen von Prostaglandin erhältlich.

Zum einen „natürliches“ Prostaglandin (Dinoprost), welches in seiner chemischen Struktur dem im Körper vorkommenden PGF entspricht und zum anderen „synthetisches“ Prostaglandin (Cloprostenol), das chemisch etwas anders aufgebaut ist.
Beide haben ähnliche Bindungsstellen, die Wirkmechanismen unterscheiden sich aber wesentlich in ihren biochemischen Eigenschaften. 
So verbleibt Cloprostenol beispielsweise deutlich länger aktiv wirksam im Körper als Dinoprost (Halbwertszeit: 3 h vs. 9 min)1. Verschiedene Studien haben bereits gezeigt, dass die Anwendung von Cloprostenol zu einem schnelleren Abfall von Progesteron führt2 und die Zeit bis zu einer Brunst deutlich kürzer ist als nach Gabe von Dinoprost3.

In einer aktuellen Studie aus Texas und Florida wurden beide Wirkstoffe bei einmaliger beziehungsweise zweimaliger Gabe erneut miteinander verglichen. Die Ergebnisse möchte ich Ihnen im Folgenden kurz vorstellen.

Welches PGF soll man nehmen und wie oft?

In der Studie4 wurden 186 Färsen hormonell vorsynchronisiert und mit einem automatischen Brunsterkennungssystem auf Brunsten überwacht. 7 Tage nach einer Brunst wurden Sie einer von 4 Gruppen zugeordnet:

1.    Einmalig Cloprostenol
2.    Zweimalig Cloprostenol (24h Abstand)
3.    Einmalig Dinoprost
4.    Zweimalig Dinoprost (24h Abstand)

Alle Tiere wurden zusätzlich durch regelmäßige Blutentnahme und Ultraschall- Untersuchungen engmaschig kontrolliert. Ausgewertet wurden unter anderem die Zeit bis zur Auflösung des Gelbkörpers und Eisprung (Ovulation) sowie der Anteil der Tiere mit Luteolyse und Ovulation.
Unabhängig vom Wirkstoff hatten mehr Tiere eine vollständige Luteolyse nach einer zweimaligen Gabe (siehe Abb.1). Dennoch hatte Cloprostenol auch bei einmaliger Gabe eine bessere luteolytische Wirkung als Dinoprost.

Grafik Abbildung 1
Die Zeit bis zur Luteolyse war in fast allen Gruppen vergleichbar, mit Ausnahme der Gruppe 3. Hier war sie deutlich länger. Bei der Ovulationsrate zeigten sich ähnliche Ergebnisse (siehe Abb. 2), auch wenn keine Unterschiede in der Zeit zwischen PGF-Gabe und Ovulation zu beobachten waren.
 
Grafik Abbildung 2
Auf Basis dieser Ergebnisse ist eine zweimalige Gabe von Prostaglandin in Synchronisationsprogrammen zu empfehlen. Zudem scheint Cloprostenol eine bessere Auflösung des Gelbkörpers hervorzurufen als Dinoprost, besonders bei einmaliger Gabe und ist deshalb vorzuziehen.

Fazit

Die Nutzung von Prostaglandin in Synchronisationsprogrammen oder zum Auslösen der Brunst ist ein probates Mittel um die Fruchtbarkeit Ihrer Kühe zu verbessern. Durch den zweimaligen Einsatz eines Prostaglandins im Ov-Synch können Sie den Besamungserfolg Ihrer Tiere um 8,5 % steigern5. Auch die oben vorgestellte Studie unterstützt die Empfehlung einer zweifachen Prostaglandingabe. Hinzu kommt, dass es entscheidend sein kann, welche Art Prostaglandin eingesetzt wird, wobei dem synthetischen Cloprostenol ein Vorteil gegenüber Dinoprost einzuräumen ist, besonders dann, wenn nur eine einmalige Gabe erfolgt.
Durch gezielten Einsatz von Hormonprogrammen und das Erreichen eines höheren Besamungserfolges können Sie den gesamten Hormonverbrauch Ihres Betriebes senken und erreichen eine höhere Profitabilität, sowie langlebigere Tiere. 


Quellen:
1 Shrestha, Hemanta K., et al. "Plasma clearance and half-life of prostaglandin F2alpha: a comparison between mares and heifers." Biology of reproduction 87.1 (2012): 18-1.
2 Martins, J. P. N., R. K. Policelli, and J. R. Pursley. "Luteolytic effects of cloprostenol sodium in lactating dairy cows treated with G6G/Ovsynch." Journal of dairy science 94.6 (2011): 2806-2814.
3 Veronese, Anderson, et al. Journal of dairy science 102.7 (2019): 6649-6659
4 Sedó, SG Umaña, et al. "Evaluation of luteolysis, follicle size, and time to ovulation in Holstein heifers treated with two different analogs and doses of prostaglandin-F2α." Journal of Dairy Science 105.6 (2022): 5506-5518.
5 Tippenhauer, C. M., et al. "Effect of dose and timing of prostaglandin F2α treatments during a 7-d Ovsynch protocol on progesterone concentration at the end of the protocol and pregnancy outcomes in lactating Holstein cows." Theriogenology 162 (2021): 49-58.

 

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