Lustiger Landwirt mit Strohhut

Landwirte im Selbstversuch – Rinderflechte ade?

Sarah Vorbeck

·

11.01.2021

·

9 Min. Lesezeit

Immer wieder ein großes Problem im Stall: Rinderflechte. Meist ist direkt die zusammenstehende Herde oder gar alle Tiere des Betriebes betroffen – und wenn es ganz mies läuft, dann infizieren sich auch noch Mitarbeiter und Familie mit dem Hautpilz.
Ein Großteil der Tierärzte rät dann zu einer Impfung, was das Problem dauerhaft im Stall beseitigen würde, sofern es sich tatsächlich um Trichophytie handelt. 

Als wir unseren Beitrag: Das geht auf keine Kuhhaut mit Informationen über verschiedene Hautkrankheiten beim Rind in einigen Social Media Foren teilten, staunten wir doch nicht schlecht, welche alternativen Behandlungsmethoden zur Impfung in der Praxis zum Einsatz kommen. Und dies nicht nur von Landwirten, sondern auch von Tierärzten.

Viele Landwirte können oder wollen sich die Impfung gegen Glatzflechte schlichtweg nicht leisten – also her mit den Hausmitteltipps!

In diesem Artikel erfahren Sie:
  • Ihre Hausmitteltipps – auf was schwören Sie zur Behandlung von Kälberflechte?
  • Können Hausmittel im Stall eine dauerhafte Problemlösung sein?
  • Warum die Impfung manchmal als unwirksam empfunden wird

Ihr Hausmittel zur Bekämpfung von Rinderflechte

Ich möchte direkt vorwegsagen: egal welches Hausmittel Sie ausprobieren möchten oder gar regelmäßig einsetzen, um die Glatzflechte auf Ihrem Betrieb in den Griff zu bekommen – solange es für Sie funktioniert und den Tieren nicht schadet, im Gegenteil sogar merkliche Linderung verschafft, ist an alternativen Behandlungsmethoden rein gar nichts auszusetzen.

Auf welche Hausmittel setzen Sie zur Behandlung der Kälberflechte?

Sonne / Wärme
Ein altbekanntes Mittel für die juckende Kuhhaut ist eine UV-Lampe oder noch besser: natürliches Sonnenlicht. Die UV-Strahlung aktiviert Immunzellen, die wiederum Vitamin D mobilisieren, um entsprechende Schutz- und Heilungsmechanismen der Haut in Gang zu bringen. 

Bürsten ausschalten
Die Kuhbürsten für mehrere Wochen auszuschalten klingt in der Tat nach einem simplen, einfachen Trick, damit der Erreger sich nicht auf andere Tiere übertragen kann. Eine regelmäßige Reinigung und Desinfektion der Bürsten sind aber trotzdem unerlässlich.

Geschirrspülmittel
Mittels Sprühflasche das Mittel unverdünnt über maximal 3 Tage auf die betroffenen Stellen auftragen. 

Die europäische Stechpalme
Hierbei schwören Sie speziell auf die Pflanzengattung Ilex, die mit ihren giftigen Blättern und Früchten den Pilzerreger vertreiben soll. Aber Vorsicht: Durch die toxische Wirkung ist die Pflanze unbedingt außerhalb der Reichweite Ihrer Tiere zu platzieren, am besten freischwingend oder an Sackbändern.

Mittel gegen Parasiten
Speziell Präparate gegen Läuse sollen nach Ihren Erfahrungen Wunder auf der Kuhhaut bewirken und die Flechte verschwinden lassen. Dabei sollte man aber beachten, dass es sich bei Trichophytie nicht um Parasiten handelt. Parasiten allgemein erleichtern Pilzsporen aber das Eindringen in die Haut, durch die bereits geschädigte Hautbarriere. Eine direkte Verbindung zwischen Hautpilz und Läusen gibt es aber nicht.

Urin
Den Urin der Rinder auffangen und mittels Sprühflasche mehrfach auf die Tiere aufbringen.

Öle
Egal ob Olivenöl, altes Pommes-Öl oder sogar Buchenholz-Teer, Hauptsache eine organische Flüssigkeit. Damit klappt’s garantiert sagen Sie!

Neben den oben genannten alternativen Behandlungsmethoden hatten einige Landwirte scheinbar auch mit diesen Hausmitteln Erfolg: in Wasser eingelegter Naturstein, Essig mit Lehm, Schwefelblütensalbe, Füttern einer Mineralstoffmischung für Jungtiere und der Einsatz von diversen Heilpflanzen.

Heißer Landwirte-Tipp, wenn Sie als Mensch infiziert sind: 
Betroffene Stellen mit braunem, faulem Apfel einschmieren. Dies soll den Juckreiz lindern.

Comic_Kuh wird von Ufo angestrahlt

Können Hausmittel bei Glatzflechte eine dauerhafte Problemlösung sein?

Auch hier sei gesagt: wenn Sie die Glatzflechte mit einem Haushaltsmittel auf Ihrem Betrieb vollständig ausrotten konnten – herzlichen Glückwünsch.
Die meisten von Ihnen werden jedoch die Erfahrung gemacht haben, dass der Pilz früher oder später im Betrieb wieder aufgetreten ist.

Das liegt schlichtweg daran, dass sich die Sporen auf Oberflächen bis zu 16 Monate halten können. Die Kühe können also nicht nur von Tier zu Tier bzw. durch Parasiten mit Trichophytie infiziert werden, sondern zum Beispiel auch über Stallgeräte, Stallgitter oder Bürsten.
Eine besonders unterschätzte Stelle sind hierbei die Tränkeautomaten der Kälber. Die Saugvorrichtungen sind häufig an Holz angebracht – ein idealer Nährboden für die Pilzsporen. Mit jedem Reiben am Brett und Kontakt zum Holz kann das Kalb mit dem Erreger in Kontakt kommen.

Aber was können sie denn jetzt, die genannten Hausmittel?

Aus den vorgenannten Gründen lässt sich bereits erkennen, dass das Ausschalten der Kuhbürsten allein nicht zum Ausrotten des Erregers beitragen kann. Es kann aber helfen, womöglich noch nicht infizierte Tiere zu schützen. Auch hier ist jedoch zu beachten, dass sich der Pilz auf allen möglichen Oberflächen absetzt. Ein ausgefeiltes Hygienekonzept in Kombination mit anderen Behandlungsmethoden ist hier am erfolgversprechendsten.

Sonne ist tatsächlich ein bewährtes Mittel, um den Juckreiz der Kuh zu lindern und den Erreger auf der Haut abzutöten. Beim Einsatz von UV-Lampen sind ähnliche Erfolge sichtbar, jedoch kommt es hier auf den idealen Abstand zum Tier an: dieser sollte 50 cm – max. 1 m betragen.
Die UV-Lampen töten auch die Sporen in der Umgebungsluft ab, nicht jedoch auf etwas entfernten Oberflächen und in den Ecken. Der Erreger bleibt also weiterhin im Bestand bestehen und ein erneuter Ausbruch ist vorprogrammiert.

(Pflanzen-) Öle stoppen wissenschaftlich nachgewiesen das Pilzwachstum, weil sie die Sporenhülle „angreifen“ und somit eine Vermehrung verhindern können. Dadurch lässt sich auch der Erfolg bei einigen Landwirten im Einsatz von Spülmitteln, Antiparasitika, Buchenholz-Teer oder gar Dieselöl erklären. Sie alle enthalten Öle. 
Bei Dieselöl müssen wir uns allerdings schon die Frage stellen, inwiefern dies der Tiergesundheit nicht eher schadet. 
Ein großer Nachteil von Ölen ist, dass sie die Hautatmung dauerhaft schädigen und teilweise richtig „verkleistern“. Dies macht Ihre Tiere noch angreifbarer für zum Beispiel Hautentzündungen und Parasitenschädlinge.  

Für den vielerorts beliebten Urineinsatz gibt es leider keinerlei wissenschaftliche Erkenntnisse, dass dieser zur Bekämpfung von Hautpilzen hilfreich wäre.
Kleiner Tipp: Urin eignet sich aber sehr gut zum Beispiel bei Verbrennungen oder bei allgemein benötigten PH-Wert Ausgleichungen der Kuhhaut.

Kuh kratzt sich am Rücken

Warum die Impfung manchmal als unwirksam empfunden wird

Warum haben Landwirte manchmal das Gefühl, dass die Impfung nicht wirken würde?
Meist wird dann zunächst vermutet, es sei doch ein anderer Pilzerreger im Bestand als dieser, gegen den geimpft wurde.
Wir können sagen: das ist in der Regel nicht der Fall. 

Aber warum empfinden einige die Impfung gegen Trichophytie nicht als wirksam?

Ein häufiges Problem ist, dass die Tiere „zu spät“ geimpft werden. Zwischen Ansteckung mit Glatzflechte bis zum Ausbruch können oft bis zu 4 Wochen liegen. Ist ein Tier also bereits infiziert, und wird dann mit einem Lebendimpfstoff geimpft, bricht die Erkrankung entsprechend aus. Dennoch bietet der Impfstoff der Kuh dann aber für die Zukunft Immunität.

Eine weitere Schwierigkeit ist, dass bei einem bereits infizierten Betrieb eine höhere Dosis verwendet werden sollte, als wenn ich meine Herde vorbeugend gegen den Pilzerreger impfe. In der Regel lässt sich aber sagen, dass sich die Situation nach 4-6 Wochen entspannen sollte. 

Mehr zu den Gründen für ein "Impfversagen" finden Sie in diesem Beitrag. 

Unser Fazit

Rinderflechte ist und bleibt eine sehr unangenehme Erkrankung für Mensch und Tier. Den Tieren sollte – mit welchem Mittel auch immer – Abhilfe vom Juckreiz geschaffen werden. 
Sekundärbehandlungen, wie die von uns vorgestellten Hausmittel, helfen den erkrankten Tieren zumindest kurzfristig, aber nicht bei der dauerhaften, vollständigen Bekämpfung der Pilz-Sporen im Betrieb. 
Nur eine Impfung in Kombination mit einem effizienten Hygienekonzept können hier langfristige Wirkungen erzielen und die Erkrankung dauerhaft aus Ihrem Betrieb fernhalten.

Wie Sie Rinderflechte mit der richtigen Desinfektionsstrategie eindämmen können, lesen Sie hier.

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