Nabelentzündungen bzw. Nabelinfektionen sind eine häufige Erkrankung bei jungen Kälbern. Die sogenannte Omphalitis oder Omphalophlebitis tritt heute bei etwa 5 % der neugeborenen Kälber1 auf. Fortgeschrittene Nabelentzündungen können für die Tiere sogar lebensbedrohlich werden. Die Erkrankung sollte daher unbedingt rechtzeitig erkannt und vom Tierarzt behandelt werden.
Noch besser ist es natürlich, wenn es gar nicht erst zu Nabelinfektionen bei Jungtieren kommt und durch optimale Kolostrumversorgung und Hygiene vorgebeugt wird. Denn wie alle Kälberkrankheiten hat die Nabelinfektion, neben der gesundheitlichen Beeinträchtigung des einzelnen Tieres, auch einen wirtschaftlichen Aspekt, da geringere Tageszunahmen, Kümmerer und frühzeitige Abgänge den Erfolg Ihres landwirtschaftlichen Betriebs belasten können.
- Ursachen der Nabelinfektion: Keime, Bakterien und mangelnde Hygiene
- Nabelentzündung Symptome: Verdickung, Erwärmung, Fieber und Ausfluss
- Nabelinfektion vorbeugen: Kolostrumversorgung und Hygiene sind entscheidend
Nabelentzündung Hintergrund: Welche Funktion hat die Nabelschnur?
Die Nabelschnur ist während der Trächtigkeit die Verbindung vom Muttertier zum sich entwickelnden Kalb. Sie versorgt das Kalb mit Nährstoffen und Sauerstoff und entsorgt Abfallstoffe des Stoffwechsels. Die Nabelschnur besteht daher aus je zwei Nabelarterien und Nabelvenen sowie einem Harngang, dem Urachus, um Harn abzuleiten. Bei der Geburt reißt die Nabelschnur an einer „Sollbruchstelle“ und verliert ihre Funktion. Der außerhalb der Haut verbleibende Rest der Nabelschnur bleibt noch einige Tage feucht, trocknet langsam aus und schrumpft, bis er nach etwa zwei Wochen abfällt und der Nabel abheilt und vernarbt. Die Überreste der Nabelvenen, die ins Innere des Körpers verlaufen, verschließen sich und können unter der Haut als dünner Nabelstrang mit einem Durchmesser von ca. 1 cm gefühlt werden.
Wichtig zu wissen ist, dass zuvor über die Nabelschnur noch keine Antikörper der Mutter auf das Kalb übertragen werden. Es wird daher ohne Immunschutz geboren und kann diese Antikörper erst mit der Biestmilch aufnehmen!
Nabelinfektion Ursachen: Warum kann sich die Nabelschnur entzünden?
Nach dem natürlichen Abreißen der Nabelschnur an der Sollbruchstelle verbleibt zunächst noch eine offene Stelle. Bis diese abgeheilt ist, können jedoch Keime und Bakterien wie Escherichia coli hier angreifen und im schlimmsten Fall bis in den Körper des Kalbs eindringen. In der Bauchhöhle können dann sogar innere Organe, wie zum Beispiel Leber und Harnblase geschädigt werden.
Im Normalfall kann ein neugeborenes Kalb dem ersten Angriff der Keime widerstehen – aber nur, wenn es durch eine gute Kolostrumversorgung starke Abwehrkräfte bekommen hat!
Mängel in der Haltung wie unzureichende Hygiene, schlechte Aufstallung aber auch gegenseitiges Besaugen der Kälber sind weitere Faktoren, die Nabelinfektionen begünstigen.
Nabelentzündung Symptome: Verdickung, Erwärmung, Fieber und Ausfluss
Die Symptome von Nabelentzündungen sind insbesondere in der ersten Phase nicht immer leicht zu erkennen. Umso wichtiger ist die regelmäßige Kontrolle der neugeborenen Kälber und eine genaue Sichtprüfung des Nabelschnurrests. Achten Sie besonders auf die folgenden Symptome und ziehen Sie rechtzeitig den Tierarzt hinzu:
- Nabelentzündung erste Anzeichen:
Der Nabelschnurrest ist leicht verdickt, aber noch nicht warm und für das Tier nicht schmerzhaft. Die Rektaltemperatur ist normal.
- Nabelentzündung weiterer Verlauf:
Zunehmende Verdickung des Nabelstrangs und Erwärmung des Strangs und der Umgebung, schmerzhaft für das Tier. Der Nabel ist feucht und es tritt Fieber über 39,5 °C auf.
- Nabelentzündung im fortgeschrittenen Verlauf:
Deutliche Verdickung des Nabelstrangs über 1,5 cm, warm und schmerzhaft. Fieber über 39,5 °C und ggf. eitriger, riechender Ausfluss aus dem Nabel. Das Kalb steht mit gekrümmtem Rücken, reduzierte Futteraufnahme und deutlichen Schmerzanzeichen, wie zum Beispiel Zähneknirschen.
Nabelentzündung beim Kalb vorbeugen: 5 Maßnahmen gegen Infektionen
Nabelinfektionen sind in vielen Fällen vermeidbar, wenn zur Vorbeugung die richtigen Maßnahmen getroffen werden. Treten gehäuft Nabelentzündungen bei Kälbern auf, liegt dies oft an einer unzureichenden Kolostrumversorgung. Daneben ist insbesondere Sauberkeit und Hygiene im täglichen Betrieb ein entscheidender Faktor.
- Bestmögliche Kolostrumversorgung
Mit der Biestmilch wird das Neugeborene mit den notwendigen Antikörpern der Mutter versorgt und kann das eigene Immunsystem aufbauen. Hochwertiges und frühzeitig in ausreichender Menge verabreichtes Kolostrum ist entscheidend für starke Abwehrkräfte des Kalbs gegen die Bakterien und Keime im Nabelbereich.
- Hygiene schon beim Abkalben sicherstellen
Der Erstkontakt des neugeborenen Kalbs mit seiner Umwelt sollte möglichst im sauberen Umfeld erfolgen. Sorgen Sie für gereinigte und frisch eingestreute Abkalbeboxen und achten Sie auf die persönliche Hygiene bei der Geburtshilfe durch Kittel, Handschuhe und Desinfektion.
- Hygienische Haltung der Kälber
Stellen Sie die Kälber in vorher desinfizierten Kälberboxen auf. Achten Sie bei der Einstreu auf langes Stroh. Kurzgehäckseltes Stroh oder Sägemehl bleiben am frischen Nabel kleben und sind daher ungeeignet. Einzelhaltung in den ersten Tagen verhindert zudem gegenseitiges Besaugen.
Mehr zur Stallhygiene erfahren Sie hier.
- Erste und regelmäßige Kontrolle
Beschauen Sie den Nabel direkt nach der Geburt und dann regelmäßig. Im Normalfall genügt die Sichtkontrolle. Ein Anfassen möglichst vermeiden und dann auch nur mit sauberen Einmalhandschuhen. Ist die Nabelschnur bei der Geburt sehr kurz abgerissen und blutet, ziehen Sie direkt Ihren Tierarzt hinzu.
- Abbinden und Desinfizieren nur bei Problemfällen
Ein Desinfizieren des Nabels ist bei vitalen Tieren in hygienischer Haltung normalerweise nicht nötig, außer in Problembetrieben mit gehäuften Nabelinfektionen. Das Abbinden des Nabels ist nur nötig, wenn eine Blutung auftritt und nicht aufhört.
Nabelentzündungen und andere Kälberkrankheiten vermeiden.
Im Normalfall ist das Abheilen des Nabels ein ganz natürlicher Vorgang. Sorgen Sie durch optimale Kolostrumversorgung und gute Hygiene dafür, dass dieser Prozess problemlos abläuft. Ganz nebenbei beugen Sie mit diesen Maßnahmen auch anderen Kälberkrankheiten vor: Lesen Sie dazu gerne unseren Hauptartikel zu Kälberkrankheiten sowie unsere Beiträge zur Kälbergrippe, zu Kälberdurchfall und Ohrenentzündungen beim Kalb.
Quellen:
1 Swissgenetics, 2005: „Der Nabel – erst lebenswichtig, dann Risiko.“, TORO 01/05, 32/33