- Kälberkrankheiten
Der Ceva Blog für Rindergesundheit
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Es gibt wohl keine Worte, die den Schlag ins Gesicht durch einen Einbruch der Vermarktungspreise, den Frust von verschobenen Kälbermärkten oder die aufreibende Verzweiflung von Dingen, die außerhalb unserer Kontrolle liegen, beschreiben zu können. Dies ließen uns kürzlich wieder die Corona-Epidemie oder auch die Afrikanische Schweinepest spüren.
Auch wenn es um die Gesundheit der Kälber geht, mal wieder der gesamte Kälberstall hustet und auf der Behandlungsliste steht, mag es sich vielleicht so anfühlen, als wäre man machtlos. Jedoch gibt es Grund zum Optimismus: Denn hier haben Sie das Ruder in der Hand und können durch Verbesserungen in Haltung, Management und Diagnostik eine Steigerung Ihres Betriebserfolges erreichen!
In unserem Blog-Artikel „Kälbergrippe erkennen und bekämpfen“ können Sie die Symptome und Maßnahmen zur Vorbeugung der Kälbergrippe noch einmal nachlesen.
Da die Rindergrippe durch viele verschiedene Mikroorganismen ausgelöst wird, ist es wichtig, die Erreger zu bestimmen, die in dem jeweiligen Tier die Symptome verursachen. Denn z. B. wirken Antibiotika nicht gegen Viren, deshalb wird der Einsatz von Antibiotika nicht helfen, wenn das Problem durch Viren verursacht ist. Hier würde ein passendes Impfschema für die zukünftige Bestandsgesundheit mehr Erfolg bringen. Ebenso sind einige Antibiotika besser wirksam gegen bestimmte Bakterien als andere. Deshalb ist es für eine erfolgreiche Therapie notwendig, dass für Ihren Fall optimale Antibiotikum zu identifizieren oder weitere Handlungskonsequenzen davon abzuleiten (z. B. Impfung).
Es sind häufig mehrere verschiedene Erreger gleichzeitig in diesen Infektionen involviert. Somit gilt es, die Ergebnisse korrekt zu interpretieren, um die Hauptursache zu identifizieren und konkret dagegen vorgehen zu können. Um einen Ausbruch von Kälbergrippe zügig einzudämmen, ist es deshalb sinnvoll, die Erreger direkt nachzuweisen.
Um mehr Informationen zu den auslösenden Erregern zu erhalten, eignen sich folgende Proben:Aufgrund der individuellen Entstehung und Entwicklung der verschiedenen Erkrankungen, muss ihr Tierarzt entscheiden, welche Art der Probe am sinnvollsten ist, um weitere Diagnostik durchzuführen. Die für den Erregernachweis notwendige Entnahme der Proben ist für das betreffende Kalb bei allen Probenvarianten ungefährlich. Die Diagnostik ist zwar aufwendig und teuer, jedoch unumgänglich, um das weitere Fortschreiten der Krankheit einzudämmen und um unnötigen Antibiotikaeinsatz zu reduzieren.
Oft muss die Behandlung aufgrund des schnellen Fortschreitens des Krankheitsgeschehens schon vor dem Vorliegen der Ergebnisse beginnen.
Proben aus den oberen Atemwegen, v.a. mit dem kurzen Nasentupfer gewonnen, sind oft hochgradig mit unspezifischen Bakterien kontaminiert. Die Erklärung hierfür ist einfach: In den Nasenlöchern der Kälber findet man zuerst einmal alles, was das Kalb gerade eingeatmet hat, also alles, was da so in der Umgebungsluft umherschwirrt – und das ist einiges. Diese Umgebungsbakterien erschweren die Bestimmung von Viren oder Bakterien, die ursächlich für die Krankheitssymptome sind. Außerdem lösen bestimmte bakterielle Atemwegserreger nur unter bestimmten Umständen eine Erkrankung aus, z.B. wenn sie in den unteren Atmungstrakt abwandern können. Wenn diese also im oberen Atmungstrakt nachgewiesen werden, ist deren Vorkommen nicht zwingend als die Ursache für eine Infektion anzusehen.
Die Techniken der Tracheal- bzw. Lungenspülproben eignen sich zur akkuraten Erregerbestimmung in den unteren Atemwegen. Diese Eingriffe sind etwas aufwendiger als Nasentupfer, liefern aber auch aussagekräftigere Ergebnisse. Das Prinzip dieser Spülproben beruht auf der Gewinnung von Spülflüssigkeit aus der Lunge bzw. der Luftröhre (Trachea) durch Einführen eines dünnen Schlauches.
Die Entnahme erfolgt in der Regel am stehenden Tier. Die Entscheidung zur Sedierung obliegt dem Tierarzt, ist aber normalerweise nur bei den invasiveren Methoden notwendig. Beim Einführen des Schlauches kann es vorkommen, dass das Kalb mal hustet, da am Ende der Luftröhre Hustenrezeptoren sitzen, die bei Stimulation einen Hustenreflex auslösen.
Die Trachealspülprobe wird durch Einführen eines dünnen Schlauches durch die Nase oder das Maul in die Trachea gewonnen. Die sterile Spülflüssigkeit wird mittels eines dünnen Plastikschlauches, der blind in die Luftröhre eingeführt wird, eingebracht. Der Schlauch wird bis an das Ende der Luftröhre vorgeschoben. Sterile, physiologische Kochsalzlösung wird injiziert und mittels einer großvolumigen Spritze wieder angesaugt. Es ist ausreichend, wenn ca. 1–2 ml Flüssigkeit zur Laboruntersuchung zurückgewonnen werden. Es wird nie die komplette Spüllösung wieder zurückgewonnen, da sie sich sofort in den Aufzweigungen der Luftwege (Bronchien) verteilt. Dass der Rest der Spüllösung in der Lunge verbleibt, ist gar kein Problem für das Kalb. Da sie steril ist, besteht keine Gefahr einer Infektion oder Entzündung und sie wird schnell durch das Lungengewebe resorbiert.
Ein Nachteil dieser Methode ist das Risiko der Verunreinigung der Probe durch Keime aus dem oberen Atmungstrakt (Nasen-Rachenraum oder Maul).
Die Trachealspülprobe kann aber auch mithilfe eines flexiblen Endoskops durchgeführt werden. Dieses wird unter Sicht in die Luftröhre eingeführt und die Spülflüssigkeit kann durch den am Endoskop verlaufenden sterilen Arbeitskanal eingebracht werden.
Eine weitere Möglichkeit stellt der Einsatz des iVET scopes dar. Dies ist ein Endoskop mit einem ca. 30 cm langem starrem Rohr. Dieses Rohr wird in die Maulhöhle des Kalbes eingeführt und dann ein dünner Schlauch durch den sterilen Arbeitskanal in die Luftröhre vorgeschoben.
Die endoskopischen Methoden haben den Vorteil, dass der Spülschlauch keinen direkten Kontakt mit der Maulhöhle bzw. der Nase hat und somit eine Kontamination verhindert wird. Außerdem kann man während des Eingriffes unter ständiger Sichtkontrolle arbeiten. Jedoch ist ein Endoskop teuer in der Anschaffung, was diese Methoden kostspieliger macht.
Wie der Name schon sagt wird bei der Lungenspülprobe die Lunge gespült - Im Unterschied zur Trachealspülprobe, bei der der Schlauch nur bis an das Ende der Luftröhre (Trachea) eingebracht wird. Um eine Probe aus der Lunge zu erhalten, wird der sehr dünne Schlauch so weit wie möglich in die Lunge vorgeschoben. Anschließend wird wie bei der oben beschriebenen Methode, die physiologische Kochsalzlösung eingebracht. Es wird der hintere Bereich der Lungen gespült, im Gegensatz zur Trachealspülprobe, wo man den vorderen Teil der Lunge beprobt. Aus pathologischen Untersuchungen der Lungen weiß man, dass bei Kälbergrippe meist nur der vordere Bereich der Lunge betroffen ist. Deshalb wird die Trachealspülung in der Mehrzahl der Fälle als sinnvoller angesehen. Inwieweit Ergebnisse von Lungenspülproben für das Krankheitsgeschehen bestimmend sind, obliegt der Einschätzung des Tierarztes.
Wir suchen gerne nach einer einfachen Antwort und etwas, dem man die Schuld geben kann. Jedoch sind es in der Realität meist mehrere Faktoren, die eine Krankheit auslösen. Neben Verbesserungen im Management wie ausreichende Biestmilchversorgung, gute Haltungsbedingungen, wenig Stressfaktoren, etc. sind auch Impfungen als prophylaktische Maßnahmen sehr effektiv. Trotzdem gibt es noch Erreger der Kälbergrippe, für die keine zugelassenen Impfstoffe verfügbar sind. Hier kann ein individuell für Ihren Bestand angefertigter Impfstoff die Lösung sein.
Am Ende geht es jedoch darum, die Ziele und Möglichkeiten des Betriebes zu identifizieren und eine betriebsindividuelle Lösung zu finden.
Sprechen Sie mit Ihrem Tierarzt, um zu sehen, ob ein Erregernachweis in Ihrem Bestand sinnvoll ist. Je mehr wir wissen, über die Krankheitsursachen bei unseren Kälbern, desto besser können wir Ihre Gesundheit und Leistung steigern!
Warten Sie nicht zu lange bevor Sie den Übeltätern auf die Spur gehen, denn dadurch verschlechtern Sie Ihren Behandlungserfolg und verlieren Zeit und Geld.
Bildquellen Diagnostikmaterial:
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