Die Geburt eines Kalbes ist ein natürlicher Vorgang, bei dem in den meisten Fällen alles wie geplant läuft und die Kuh leicht allein ein gesundes Kalb zur Welt bringen kann. Gerade durch ein optimal abgestimmtes Geburtsmanagement im Betrieb unterstützen Sie Ihre Kühe und deren Nachwuchs beim Start ins Leben und legen so den Grundstein für eine erfolgreiche und wirtschaftliche Milchvielhaltung.
Rund 80 Prozent aller Kälber kommen ohne fremde Hilfe zur Welt, daher sollten Eingriffe durch den Menschen immer nur auf ganz spezielle Situationen beschränkt bleiben. Doch wann ist ein Eingreifen nötig und wann schaffen es die Kühe allein? Hier ist es hilfreich, wenn Sie die fünf Phasen der Geburt beim Rind kennen. Welche das sind, erfahren Sie in diesem Artikel.
Verlauf der normalen Geburt
Das genaue Wissen über den Ablauf der Geburt und ein überlegtes Vorgehen sorgen dafür, dass Sie vor, während und nach der Kalbung immer genau wissen, was zu tun ist. So behalten Sie auch in stressigen Situationen den Überblick. Grundsätzlich lässt sich die Geburt eines Kalbes in fünf Phasen einteilen, die fließend ineinander übergehen.
- Vorbereitungsphase (2 bis 3 Wochen)
- Öffnungsphase (6 bis 16 Stunden)
- Aufweitungsphase (1 bis 6 Stunden)
- Austreibungsphase (5 bis 15 Minuten)
- Nachgeburtsphase (6 bis 12 Stunden)
1. Vorbereitungsphase
In der Vorbereitungsphase, die 2 bis 3 Wochen dauert, lassen sich folgende Anzeichen für eine bevorstehende Geburt beobachten:
- Kontinuierliches Aufeutern
- Einfallen der Beckenbänder
- Erweichung des Schwanzansatzes
- Rötung und Vergrößerung der Scham, zum Teil mit zäher Schleimspur
Wichtig: Sie sollten in der Vorbereitungsphase für einen optimalen Kuhkomfort sorgen, sodass sich die Kühe rund um die Uhr wohlfühlen können. Eine saubere, trockene und ruhige Umgebung gehört ebenso dazu wie eine ausgewogene Futterration. So können Ihre Tiere gut vorbereitet in die Geburt starten.
2. Öffnungsphase
Nach der Vorbereitungsphase folgt die Öffnungsphase, die in der Regel zwischen 6 und 16 Stunden dauert. Typische Merkmale für diese Phase sind:
- die Kuh grenzt sich auf der Weide von der Herde ab
- der innere Muttermund öffnet sich
- die Fruchtblase wird sichtbar
In der Öffnungsphase sind die ersten, leichten Wehen zu beobachten. Die Kuh kann unruhig sein und sich aufgeregt hin und her bewegen. Nun ist es wichtig, dass sie Ruhe hat und keinem Stress ausgesetzt wird.
3. Aufweitungsphase
In dieser Phase…
- platzt die Fruchtblase
- legt sich die Kuh hin
- erscheinen die Beine des Kalbes in der Scham
Die Aufweitungsphase kann bei Kühen 1 bis 3 Stunden, bei Färsen auch zwischen 4 und 6 Stunden dauern (vom Blasensprung bis zum Durchtreten des Kopfes). Werden diese Zeiten überschritten, ohne dass die Geburt vorangeht, sollten Sie eine vaginale Untersuchung und unter Umständen Geburtshilfe unter hygienischen Bedingungen durchführen.
Grundsätzlich gilt, dass Kühe und Färsen allein gebären können. Behalten Sie daher Ruhe und Geduld!
4. Austreibungsphase
In dieser Phase kommt das Kalb zur Welt. Sie beginnt mit dem Durchtritt des Kopfes durch die Scham und dauert bis zur vollständigen Entbindung normalerweise 5 bis 15 Minuten. In der Regel werden Kälber in der sogenannten Vorderendlage (Kopf zuerst) geboren. Bis sich der Kopf des Kalbes außerhalb des Muttertieres befindet, ist das Kalb in den meisten Fällen sicher über die Nabelschnur mit Sauerstoff versorgt.
Ein unnötiges Eingreifen in dieser Phase sollten Sie vermeiden, da dadurch das Tier gestresst wird. Erste-Hilfe-Maßnahmen sind erst dann notwendig, wenn eindeutig zu erkennen ist, dass die Geburt nicht von allein weitergeht.
5. Nachgeburtsphase
Innerhalb von 6 bis 8 Stunden nach der Geburt sollte das restliche Fruchtwasser und die Nachgeburt (Eihäute) abgegangen sein. Dauert dies länger als 12 Stunden, spricht man von einem Nachgeburtsverhalten.
Nach der Geburt gilt: zuerst das Kalb, dann die Kuh.
Maßnahmen beim Kalb:
- Schleim aus den Atemwegen ausstreichen durch kräftige Massage mit sauberem Stroh
- Vom Muttertier ablecken lassen, um die Vitalität zu steigern
- Kaltwasserguss auf den Nacken, um die Atmung zu stimulieren
- Atmung anregen durch Kneifen in die Nasenscheidewand
- Im Notfall kann der Tierarzt Medikamente zur Atemstimulation verabreichen
- Erstversorgung mit Kolostrum (Biestmilch) – mindestens 3 Liter innerhalb der ersten drei Lebensstunden
Maßnahmen bei der Kuh:
- Prüfen Sie, dass sich kein weiteres Kalb im Geburtsweg befindet
- Stellen Sie sicher, dass keine Verletzungen oder Blutungen vorliegen
- Bieten Sie der Kuh nach der Kalbung sofort ausreichend Flüssigkeit zur Stoffwechselstabilisierung an (lauwarmes Wasser oder Energietrunk)
Unser Fazit
Meistens bringt eine Kuh ihr Kalb ohne fremde Hilfe zur Welt. Wichtig ist hier, dass die Geburt in einer sauberen, trockenen und ruhigen Umgebung stattfindet und nach Möglichkeit überwacht wird – ganz nach der Devise: gut beobachten und wenig tun. Denn nur ein geregelter Geburtsverlauf kann den Grundstein für eine gute Jungtierentwicklung und den wirtschaftlichen Erfolg Ihres Betriebes legen.