„Papa, mir ist so schlecht …“ – Wenn ein Tag mit Tieren Folgen hat
Stellen Sie sich folgendes Szenario vor:
Es ist ein sonniger Tag, die ersten Gäste treffen auf Ihrem Hof ein. Familien mit Kindern, begeistert vom Kontakt mit Ihren Kälbern, Ziegen und Schafen. Es wird gelacht, gestreichelt, gefüttert. Ein rundum gelungener Tag – denken Sie.
Doch drei Tage später bekommen Sie einen Anruf: Die Mutter eines kleinen Jungen, der bei Ihnen zu Besuch war, meldet sich. Ihr Sohn liegt mit starkem Durchfall und Bauchkrämpfen im Krankenhaus. Die Ärzte vermuten eine Infektion mit Kryptosporidien – ausgelöst durch Tierkontakt. Und: Er ist nicht der einzige. Genau so passierte es vor kurzem einem Betrieb im Süden von Wales. Nach einer Kälber- und Lämmerfütterung infizierten sich über 80 Personen mit Kryptosporidien. Obwohl die Besuche schon einige Wochen zurücklagen, trat die Krankheit erst jetzt in Erscheinung.1
Was ist passiert?
Kryptosporidien – Klein, hartnäckig, hoch ansteckend
Kryptosporidien sind winzige einzellige Parasiten, die besonders bei jungen Wiederkäuern wie Kälbern, Lämmern oder Ziegenkitzen vorkommen. Sie verursachen dort teils schweren wässrigen, oft gelblich-grünen Durchfall – insbesondere in den ersten Lebenswochen. Für betroffene Tiere bedeutet das: Flüssigkeitsverlust, geschwächtes Immunsystem, Entwicklungsstörungen und schlimmstenfalls Todesfälle2.
Was vielen jedoch nicht bewusst ist: Kryptosporidien sind zoonotisch – also auf den Menschen übertragbar. Die Übertragung geschieht über den Kontakt mit infiziertem Kot, kontaminiertes Wasser, Stallstaub oder direkt über die Hände beim Streicheln oder Füttern der Tiere.
Die Kryptosporidien-Oozysten – das infektiöse Stadium des Erregers – sind besonders tückisch: Sie überleben in der Umwelt mehrere Monate, sind resistent gegen viele Desinfektionsmittel und extrem schwer zu bekämpfen.
Von der Stallgasse ins Kinderzimmer: Ein reales Risiko
Öffnen Sie auch Ihren Hof für Besucher? Dann haben Sie es wahrscheinlich selbst schon erlebt: Die Kinder stehen Schlange vor dem Kälberiglu, möchten streicheln, mit der Flasche füttern – und stecken oft noch vor dem Mittagessen die Finger in den Mund. Wenn in dieser Situation ein Kalb infiziert ist, wird das zum echten Gesundheitsrisiko. Mehr zu Durchfallerkrankungen wie Kryptosporidien beim Kalb erfahren Sie hier:
Kryptosporidien beim Kalb - auch eine Gefahr für den Menschen!
Kälberdurchfall - häufigste und verlustreichste Erkrankung bei Jungtieren

Quelle: https://www.nadis.org.uk/
Warum Sie als Milchviehhalter besonders betroffen sind
Neben dem gesundheitlichen Risiko für Ihre Tiere kann eine Kryptosporidien-Infektion also auch Image- und Vertrauensschäden bedeuten – gerade, wenn Sie Besucher auf Ihren Betrieb lassen oder pädagogische Angebote, wie Schule auf dem Bauernhof oder Hoffeste, anbieten.
Darüber hinaus kann die Infektion auch für Mitarbeiter und Familienangehörige, besonders Kinder, Senioren oder immungeschwächte Personen, problematisch werden3. Die Symptome beim Menschen treten meist erst bis zu 10 Tage nach dem eigentlichen Kontakt mit dem Erreger auf. Sie reichen von starkem Durchfall über Bauchkrämpfe bis zu Fieber und Dehydratation – und können bis zu 14 Tage andauern. Auch wenn es den betroffenen Personen dann wieder besser geht, kann die Infektion trotzdem noch weitergegeben werden. So raten beispielsweise Gesundheitsämter den Betroffenen, auch nach überstandener Kryptosporidieninfektion 2 Wochen lang nicht schwimmen zu gehen.
So schützen Sie Ihren Betrieb – und Ihre Gäste
Die gute Nachricht: Sie können viel tun, um Ihr Risiko zu minimieren. Biosicherheit ist Trumpf!4
- Hygiene, Hygiene, Hygiene
- Reinigen und desinfizieren Sie regelmäßig die Kälberiglus und Stallbereiche.
- Entfernen Sie Kot zügig und gründlich.
- Verwenden Sie Desinfektionsmittel, die gegen Kryptosporidien-Oozysten wirksam sind (achten Sie auf entsprechende Zulassung).
- Besucher gezielt lenken
- Richten Sie separate Besucherbereiche ein.
- Stellen Sie Handwaschstationen mit Seife und ggf. Desinfektionsmittel bereit.
- Klären Sie Besucher auf – mit einfachen, klaren Hinweisschildern oder einem kurzen Gespräch.
- Schutzkleidung anbieten
- Stellen Sie Einmalüberzieher für Schuhe oder Besucherkittel zur Verfügung – besonders bei direktem Tierkontakt.
- Frühzeitige Behandlung der Tiere
- Achten Sie auf erste Anzeichen von Durchfall bei Kälbern.
- Ziehen Sie bei Verdacht auf Kryptosporidien frühzeitig den Tierarzt hinzu.
- Nutzen Sie gezielte Präparate zur Unterstützung des Immunsystems und zur Reduktion der Ausscheidung von Kryptosporidien-Oozysten.
Fazit: Aufklärung schützt – auch Ihren Betrieb
Kryptosporidien sind kein seltenes Problem. Sie kommen auf vielen Betrieben vor – meist unbemerkt. Doch mit dem richtigen Hygienemanagement und einer klaren Kommunikation können Sie das Risiko für Ihre Tiere und Ihre Besucher deutlich reduzieren.
Ein kranker Gast bedeutet nicht nur menschliches Leid, sondern kann auch das Vertrauen in Ihren Betrieb beschädigen – und in Zeiten von Social Media geht so etwas schnell viral.
Sehen Sie Aufklärung nicht als lästige Pflicht, sondern als Ihre Chance, Verantwortung zu zeigen und den professionellen Standard Ihres Betriebs zu unterstreichen. Ihre Tiere – und Ihre Gäste – werden es Ihnen danken.
Bleiben Sie gesund – und bleiben Sie wachsam.
Quellen:
1 https://www.topagrar.com/panorama/news/81-menschen-nach-besuch-auf-bauernhof-an-kryptosporidien-erkrankt-c-20014483.html#:~:text=Laut%20der%20BBC%20melden%20immer,K%C3%A4lber%2D%20und%20L%C3%A4mmerf%C3%BCtterung%20teilgenommen%20hatten
2 Bundesverwaltung+3DocCheck Flexikon+3DocCheck Flexikon+3
3 LGL Bayern+1LK Österreich+1
4 https://www.milchpur.de/gesundheit/hygiene/kryptosporidien-bekaempfen-aber-richtig/?utm_source