Landwirt schiebt Kuh zum Verstecken hinter Stall

Vom harmlosen Hautausschlag bis hin zur Fehlgeburt – Vorsicht vor Zoonosen!

Anne Kathrin Borkowsky

·

3.12.2020

·

6 Min. Lesezeit

Ruhig bleiben. Diese kleinen roten Stellen auf meinem Arm sind sicherlich morgen wieder weg. Das habe ich gestern allerdings auch schon gedacht. Und vorgestern auch. Mist. Mein Mann sagt, ich soll zum Hautarzt gehen. Das könne schließlich was Ernstes sein. Aber kleine rote Stellen am Arm – da fällt der Arm ja nicht gleich ab. Aber es juckt schon ganz ordentlich. Hm. Vielleicht eine Allergie? Aber von heute auf morgen? Ohne dass sich was verändert hat? – Ok, ich gehe mal besser zum Arzt. 

Ringelflechte, sagt der Arzt. Woher sie kommt? Und was das ist? Ringelflechte ist eine Hautpilzerkrankung – eine der häufigsten Hautpilzerkrankungen des Menschen. Die Hauptursache für die Infektion ist Tierkontakt. Hunde, Katzen, Nagetiere, aber auch Rinder, Kühe und Ziegen können den Erreger übertragen. Denn Ringelflechte ist eine Zoonose.

Sie wollen mehr wissen über Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragbar sind? In diesem Artikel erfahren Sie:
  • Was sind Zoonosen?
  • Welche Zoonosen gibt es?
  • Zoonoseerreger im Bestand – Und nun?
  • Kontakt zu Tieren vermeiden? Auf keinen Fall!

Was sind Zoonosen?

Ganz einfach gesagt: Zoonosen sind Krankheiten, die von Tieren auf Menschen oder auch von Menschen auf Tiere übertragbar sind. Man unterscheidet bei der Bezeichnung von Zoonosen zwischen denen, die vom Tier auf den Menschen (Zooanthroponosen) oder vom Menschen auf Tiere (Anthropozoonosen) übertragen werden. Bei den Amphixenosen handelt es sich um Zoonosen, bei denen sowohl der Mensch die Tiere als auch die Tiere den Menschen infizieren können. Nun aber genug mit komplizierten Fachwörtern!

Grafik Übertragungswege von Zoonosen

Eine weitere Unterteilung richtet sich nach dem Übertragungsweg. Bei der direkten Übertragung infiziert sich das Wirbeltier (z.B. der Mensch) direkt bei einem anderen Wirbeltier (z.B. Rind). Die Erreger können zusätzlich durch den Wind weitergetragen und so zur Infektion führen. Der direkte Kontakt ist also nicht zwingend erforderlich. 
Zoonosen können auch durch sogenannte Zwischenwirte (z.B. Mücken, Zecken) übertragen werden. Auch wenn Larvenstadien im Wasser oder Boden von dem Wirbeltier aufgenommen werden und von einem anderen Wirbeltier dort ausgeschieden worden sind, spricht man aus wissenschaftlicher Sicht von einer Zoonose. 
Es geht also darum, dass die Krankheiten von einem Wirbeltier auf ein anderes übertragen werden. Die Übertragungswege können aber recht unterschiedlich sein und der direkte Kontakt ist keine Voraussetzung. Dies macht die Diagnose dann schwer, wenn ein Verdacht auf eine Zoonose besteht, es aber keinen Tierkontakt gab. Welche Erreger bei Zoonosen eine Rolle spielen, lesen Sie im nächsten Abschnitt.

Welche Zoonosen gibt es? 

Zunächst stellen wir uns die Frage welche Verursacher von Zoonosen es gibt. Eigentlich können alle Krankheitserreger auch Zoonosen verursachen: Bakterien, Viren, Parasiten, Pilze und Prionen. 
Zu den bekanntesten Zoonosen aus meiner Sicht zählen:
  • Borreliose (Bakterien)
  • Hepatitis E (Viren)
  • Milzbrand (Bakterien)
  • Tollwut (Viren)
  • Toxoplasmose (Parasiten)

    Frau juckt sich am Arm

Nicht zu vergessen: Auch SARS-CoV-2, der Erreger von COVID-19, ist vermutlich ein Zoonose-Erreger, denn Annahmen festigen sich, dass ursprünglich Fledermäuse der Wirt dieser Viren waren.

Eine komplette Übersicht aller vorkommenden Zoonosen erhalten Sie hier:  Übersicht Zoonosen

Im Nutzierbereich und im Besonderen im Umgang mit Rindern und kleinen Wiederkäuern gibt es einige relevante Zoonosen, die man als Tierhalter kennen sollte, um sich und andere vor Ansteckung zu schützen:

  •  Campylobacter
  • Q-Fieber
  • Salmonellose
  • Staphylococcus aureus
  • Trichopytie oder Kälberflechte 

Über die Kälberflechte und das Q-Fieber finden Sie auf unserem Blog sehr ausführliche Informationen. Deswegen möchte ich an dieser Stelle nicht näher auf die Infektionskrankheiten und das Risiko der Übertragung eingehen. Ich möchte Ihnen im nächsten Abschnitt allerdings einen Leitfaden an die Hand geben, was im Falle des Auftretens eines Zoonose-Erregers in Ihrem Bestand am besten zu tun ist. 

Zoonoseerreger im Bestand – Und nun?

Kuh juckt sich am Baum

„Zwei Familien machten Urlaub auf einem Bauernhof in Landkreis Leer, Ostfriesland. Jetzt sind ihre Kinder krank. Es wird vermutet, dass ihre Infektionen mit dem Verzehr von Rohmilch zusammenhängen könnten.“ (Land und Forst, November 2019).
Das ist eine Headline, die uns zusammenzucken lässt. Doch es passiert immer wieder: Familienmitglieder, Mitarbeiter, Urlauber stecken sich im Alltag an. Wir werden es nicht schaffen, Zoonosen aus unserem Leben zu verbannen, aber wir können versuchen, die Ansteckungsgefahr zu verringern.
Zunächst ist es immer wichtig, den Gesundheitsstatus seines Betriebes zu kennen und gemeinsam mit dem Hoftieratzt permanent an der Optimierung der Tiergesundheit zu arbeiten. Das bringt Sie als Landwirte oft an Ihre Grenzen. Dennoch – bleiben Sie am Ball! Eine gesunde Herde ist der Schlüssel zum Erfolg. Natürlich sind nicht alle Krankheiten der Rinder, Schafe und Ziegen auch gefährlich für uns Menschen. Doch wenn man die Tiergesundheit permanent im Auge behält und bei Änderungen der Leistung wachsam wird, dann kann man Erreger, die sich einschleichen, zügig erkennen und bei Bedarf nicht nur die Tiere, sondern auch sich selbst und alle anderen auf dem Betrieb schützen.

Deshalb lautet mein erster Tipp: 
Seien Sie wachsam und erstellen Sie mit Ihrem Tierarzt ein Monitoring-System, was dabei hilft, Krankheiten so schnell wie möglich zu erkennen!

Hat der Tierarzt tatsächlich festgestellt, dass Sie einen Zoonose-Erreger im Bestand haben, befolgen Sie ein paar wichtige Hinweise:

  • Achten Sie vermehrt auf Sauberkeit und Hygiene im Umgang mit allen Tieren. Tragen Sie Schutzkleidung und Handschuhe.
  • Wenn nötig und möglich, separieren Sie kranke Tiere, bis die Symptome abgeklungen sind.
  • Behandeln Sie kranke Tiere auf jeden Fall, auch wenn Sie der Meinung sind, es handle sich – wie bei der Kälberflechte oft fälschlich angenommen – eher um einen Schönheitsfehler als um eine ernsthafte Erkrankung.
  • Gesunde Tiere sollten – sofern verfügbar – durch Impfungen oder den metaphylaktischen Einsatz von Medikamenten vor Ansteckung geschützt werden.
  • Vermeiden Sie, dass Risikogruppen (Kinder, ältere Menschen, schwangere Frauen) mit erkrankten Tieren in Kontakt kommen.
  • Die regelmäßige Überwachung, ob mehrere Tiere infiziert sind oder die Maßnahmen schon Erfolge verzeichnen, kann helfen, die richtigen Maßnahmen einzuleiten. Bleiben Sie hier in engem Austausch mit Ihrem Hoftierarzt.
  • Scheuen Sie sich nicht, auf meldepflichtige Krankheiten (wie zum Beispiel Q-Fieber) zu untersuchen. Der Nachweis einer meldepflichtigen Tierseuche ist kein Nachteil für Ihren Bestand. Es hat keine negativen Auswirkungen für Sie.
  • Informieren Sie sich über die Verbreitungswege des Erregers. Über die Versorgung der Kranken und Vorbeugung bei gesunden Tieren hinaus, ist es von Vorteil, wenn man die Art der Übertragung genau kennt. Erfolgt die Ansteckung nur direkt von Tier zu Tier? Spielen Vektoren wie Schadnager, Fliegen, Mücken eine Rolle? Oder ist es sogar der Wind, der den Erreger kilometerweit verbreitet? Je mehr Sie über die Krankheit wissen, desto besser können Sie den Verlauf regulieren.

Auf den ersten Blick klingt diese Liste komplizierter als es ist. Hat man erst einmal einen funktionierenden Überwachungs-Prozess auf dem Betrieb eingeführt und alle Beteiligten gut geschult, versteht es sich oft von selbst zu handeln wie oben beschrieben. Die gute Kommunikation untereinander ist dabei ein sehr wichtiger Faktor. Binden Sie unbedingt alle Personen mit Tierkontakt (Mitarbeiter und Familie) ein und erarbeiten Sie ein gutes Hygiene- Konzept - vor allem für betriebsfremde Personen.

Kontakt zu Tieren vermeiden? Auf keinen Fall!

Landwirt hockt vor Kälbern
Bei meinen Recherchen zu diesem Artikel ging es mir öfter durch den Kopf – meine Güte, es gibt ganz schön viele Krankheiten, die von Tieren auf Menschen oder andersherum übertragen werden. Vieles kannte ich, aber einiges war mir auch gänzlich neu. Einen kurzen Augenblick habe ich überlegt, ob es wohl besser sei, den Umgang zu Tieren zu reduzieren. Mittlerweile sage ich „Auf keinen Fall!“. Der Kontakt zu Tieren ist einfach bereichernd. Kinder stärken durch den Umgang bereits ihre Sinne wie riechen, hören, sehen und tasten. Das soziale Verhalten wird durch Tiere positiv beeinflusst. Tiere haben einen wichtigen Stellenwert in unserer Gesellschaft und unterstützen bei der Erziehung unserer Kinder. Tiere sind für Menschen wichtige Partner und Freunde.
Abgesehen davon liefern Tiere unsere Lebensmittel. Sie, liebe Landwirte, tragen durch Ihre Arbeit mit den Tieren einen wichtigen Teil zur Nahrungsversorgung bei. Und es ist sehr wohl erlaubt und wünschenswert, dass Sie engen Kontakt zu ihren Tieren pflegen. Wenn wir uns an einige Hygieneregeln halten und den Gesundheitsstatus unserer Haus- und Hoftiere kennen, gibt es auch bei Zoonosen einen Weg für ein gemeinsames Miteinander!

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